Posts mit dem Label Kinder werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Kinder werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Montag, 29. Juli 2013

Wenn Dauerschmerz die Kindheit stört

Kopfweh, Bauchschmerzen, Rückenbeschwerden - bei Kindern und Jugendlichen haben chronische Leiden dieser oder ähnlicher Art oft keine organischen, sondern psychische Ursachen. Experten sprechen von 'Schmerzstörungen‘, wenn das Alltagsleben dadurch so beeinträchtigt wird, dass Schulbesuch und Freizeitspaß zur Qual oder gar unmöglich werden. In Deutschland gelten mehr als 300.000 Kinder und Jugendliche als betroffen, so eine Studie des Deutschen Kinderschmerzzentrums Datteln. 

Mit Schmerzstörungen bei jungen Menschen befassten sich auf Einladung der Uniklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) 120 Fachleute aus der Kinder- und Jugendmedizin. Im Vordergrund standen Früherkennung und Behandlung dieser ernstzunehmenden Erkrankung. Frühes Erkennen, genaues Nachfragen und richtige Klassifizierung - das sind nach Meinung der Experten die Grundpfeiler für eine optimale Behandlung.

Dazu gehöre vor allem, die betroffenen Kinder nach der Art und Intensität ihrer Schmerzen zu befragen, so Dr. Judith Kappesser von der Justus-Liebig-Uni, Gießen. "Erwachsene nehmen Schmerzen anders wahr als Kinder. Wenn die Eltern deren Schmerzen unterschätzen, können wir die jungen Menschen nicht angemessen behandeln", so die Mitarbeiterin der Abteilung für klinische Psychologie und Psychotherapie der Giessener Uni-Klinik.

PD Dr. med. habil Johannes Buchmann von der Universität in Rostock betonte, dass gerade bei kindlichen Kopfschmerzen der Ort und die Intensität genau bestimmt werden müssen, um die Beschwerden etwa durch eine manuelle ostheopatische Therapie adäquat zu behandeln.

Vor einer Chronifizierung von Schmerzen bei jungen Menschen warnte Prof. Boris Zernikow vom Deutschen Kinderschmerz- und -Palliativzentrum in Datteln und sprach damit die große Bedeutung einer frühen Diagnose an. "Sind die Beschwerden aber schon chronisch, ist es wichtig, den Kindern zu helfen, ihre Wahrnehmung umzulenken und die Schmerzen in den Hintergrund zu drängen", so Zernikow, "für die Eltern heißt das zum Beispiel, das Kind nicht dauernd nach seinem Befinden zu fragen."

Hintergrund:
Die Universitätsklinik Hamm für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) verfügt über 110 vollstationäre Plätze. Auf insgesamt 12 Stationen erhalten hier Kinder- und Jugendliche mit psychischen Störungen professionelle Hilfe. 20 zusätzliche Plätze stehen jungen Menschen mit einer Suchtproblematik zur Verfügung. Behandelt werden Patienten ab dem fünften bis zum 18. Lebensjahr. Das Versorgungsgebiet der LWL-Universitätsklinik Hamm umfasst neben der Stadt Hamm die Kreise Unna, Warendorf, Soest und Gütersloh. Die Klinik bietet regelmäßig Fortbildungen mit Fachleuten an, zum Beispiel im kommenden November zum Thema ADHS.


LWL-Einrichtung:
LWL-Universitätsklinik für Kinder und Jugendliche Hamm
Heithofer Allee 64
59071 Hamm
Karte und Routenplaner


Samstag, 27. Juli 2013

Zu viel Bauchfett: Schon bei Kindern ist das Krankheitsrisiko erhöht

Kinder und Jugendliche mit bauchbetontem Übergewicht haben ein erhöhtes Risiko für Stoffwechsel- und Herzkreislauferkrankungen. Dieser Zusammenhang ist für Jungen stärker als für Mädchen. So lautet das Fazit einer Studie des Integrierten Forschungs- und Behandlungszentrums (IFB) AdipositasErkrankungen der Universität und des Universitätsklinikums Leipzig. In die Untersuchung gingen Daten von 1.278 Heranwachsenden im Alter von 11 bis 18 Jahren ein, die aus zertifizierten Adipositaszentren in Deutschland, Österreich und der Schweiz stammten. Die Wissenschaftler hatten den Taillenumfang und den Körpermassenindex (BMI) mit dem Risiko für Adipositas-bedingte Krankheiten wie Typ-2-Diabetes, Fettleber und Arteriosklerose in Bezug gesetzt. Der BMI ist das Verhältnis von Körpergewicht zu Körpergröße. Auch Alter, Geschlecht und das Stadium der Pubertät wurden berücksichtigt.

Das Resultat: Je größer der Taillenumfang der übergewichtigen Kinder und Jugendlichen, desto höher war das Risiko für Stoffwechsel- und Kreislauferkrankungen. Vor allem pubertierende Jungen mit Fettpolstern am Bauch hatten häufig bereits erhöhte Leber- und Harnsäurewerte oder zu wenig "gutes" HDL-Cholesterin im Blut. Erhöhte Leberwerte können auf eine beginnende Lebererkrankung hinweisen. Ein erhöhter BMI stand insbesondere in der Pubertät mit einer höheren Wahrscheinlichkeit für eine Insulinresistenz in Zusammenhang. Das kann ein erstes Anzeichen für eine Störung des Zuckerstoffwechsels sein.

In Deutschland sind über sechs Prozent der Kinder und Jugendlichen fettleibig. Wie im Erwachsenenalter ist bauchbetontes Übergewicht offenbar besonders schädlich. Denn das Fett im Bauchraum hat eine besondere Zusammensetzung. Es sammelt sich an den inneren Organen und ist sehr stoffwechselaktiv. Die Fettzellen am Bauch bilden deutlich mehr Botenstoffe und Hormone als gewöhnliche Fettzellen. Dazu gehören beispielsweise auch Substanzen, die Entzündungen fördern und vermutlich die Blutgefäßwände schädigen.

Die Wissenschaftler raten, den Taillenumfang bei übergewichtigen Kindern und Jugendlichen vor allem ab der Pubertät zu messen, da erhöhte Werte gute Hinweise auf Begleiterkrankungen liefern. Präventions- und Therapieprogramme sind von großer Bedeutung, damit erste Krankheitszeichen nicht schon in der Jugend auftreten. So können die Fettpolster am Bauch durch eine Ernährungsumstellung in Kombination mit speziellen Fitnessprogrammen reduziert werden.


Heike Kreutz, www.aid.de

Weitere Informationen:

Universität Leipzig; www.zv.uni-leipzig.de

Fragen zu diesem Thema beantworten aid-Experten im Forum "Säuglings- und Kinderernährung" und "Ernährung von Jugendlichen" auf www.was-wir-essen.de

aid-Heft "Das beste Essen für Kinder - Empfehlungen für die Ernährung von Kindern"
Bestell-Nr. 1447, Preis: 2,50 EUR, www.aid-medienshop.de


Mittwoch, 10. Juli 2013

Masern: Machen Sie den Impfcheck

Mit rund 1.000 gemeldeten Erkrankungen bereits in diesem Jahr breiten sich die hoch ansteckenden Masern in Deutschland wieder deutlich aus. Aufgrund dieser Häufung von Masern-Fällen mit Schwerpunkten in Berlin und Bayern sowie dem aktuell gemeldeten Ausbruch an einer Schule in Erftstadt bei Köln, rät die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) zum Impfcheck.

"Um Masernausbrüche in Zukunft zu verhindern, ist es wichtig, die heute schon recht guten Impfquoten bei Kindern weiter zu steigern und auf konstant hohem Niveau zu halten. Entscheidend ist aber auch, Impflücken bei Jugendlichen und Erwachsenen zu schließen", betont Prof. Dr. Elisabeth Pott, Direktorin der BZgA. "Deshalb sollten nach 1970 Geborene ihren Impfschutz gegen die hoch ansteckenden Masern überprüfen."

Für Kinder sind zwei Impfungen gegen Masern, Mumps und Röteln zwischen dem vollendeten 11. und 23. Lebensmonat empfohlen. Die Impfung ist bereits ab dem Alter von 9. Monaten möglich - beispielsweise beim Besuch einer KiTa. Jugendliche mit unvollständigem Impfschutz sollten fehlende Impfungen möglichst bald nachholen. Darüber hinaus empfiehlt die Ständige Impfkommission seit 2010 allen nach 1970 geborenen Erwachsenen ohne oder mit nur einer Impfung in der Kindheit bzw. bei unklarem Impfschutz eine einmalige Impfung gegen Masern. Da heute etwa die Hälfte der Masernfälle Jugendliche und junge Erwachsene betreffen, lohnt sich vor allem auch für diese Altersgruppen der Impfcheck.

Den meisten der nach 1970 geborenen Erwachsenen ist die Impfempfehlung gegen Masern nicht bekannt. Das zeigt die aktuelle Repräsentativbefragung der BZgA zu Wissen, Einstellung und Verhalten. So gaben 81 Prozent der befragten Erwachsenen an, davon bislang nichts gehört zu haben. Außerdem schätzten etwa ein Viertel der befragten Erwachsenen und Jugendlichen Masern fälschlicherweise als harmlos ein.

Diese Wissensdefizite greift die BZgA mit der Kampagne "Deutschland sucht den Impfpass" auf. Ziel der Aktion ist es, zur Impfpasssuche und zum anschließenden Impfcheck zu motivieren.  Jugendliche und Erwachsene können sich umfassend zu Krankheitsbild und Impfung auf der Internetseite http://www.impfen-info.de/impfpass informieren. Zudem bietet ein interaktiver Video-Impfcheck die Möglichkeit, den persönlichen Impfschutz gegen Masern zu überprüfen. Neben diesem Angebot für Jugendliche und junge Erwachsene finden sich auf der Internetseite ausführliche Informationsmaterialien für Eltern kleiner Kinder.

Donnerstag, 13. Juni 2013

Kalzium: Neue Referenzwerte für Säuglinge und Kinder

Wie viel Kalzium soll der Mensch täglich aufnehmen? Mit dieser Frage haben sich die deutschsprachigen Fachgesellschaften für Ernährung beschäftigt und aktuelle Referenzwerte für die Zufuhr des Mineralstoffs mit der Nahrung bestimmt. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse sind in die Bewertung eingeflossen.

Kalzium ist mengenmäßig der wichtigste Mineralstoff im menschlichen Körper. Er ist wichtig unter anderem für den Aufbau von Knochen und Zähnen und deren Stabilität. Für die meisten Altersgruppen sind die empfohlenen Zufuhrmengen geblieben. Am meisten Kalzium benötigen mit 1.200 mg täglich nach wie vor Jugendliche im Alter von 13 bis 18 Jahren, da ihr Körper stark wächst. Erwachsene, Schwangere und Stillende sollten 1.000 mg Kalzium pro Tag aufnehmen. Für Säuglinge und Kleinkinder haben sich die Referenzwerte geändert. So wird für Säuglinge im Alter von vier bis zwölf Monaten eine Zufuhr von 330 mg (früher 400 mg) täglich empfohlen. Kinder von vier bis sieben Jahren sollten 750 mg (früher 700 mg) am Tag aufnehmen.

In jedem Alter lässt sich die empfohlene Kalziumzufuhr durch eine ausgewogene Ernährung mit von Natur aus kalziumreichen Lebensmitteln decken. Dazu gehören in erster Linie Milch und Milchprodukte sowie verschiedene Mineralwässer. Bereits ein Viertel Liter Milch und zwei Scheiben Emmentaler Käse (50 bis 60 g) liefern zum Beispiel mehr als 1.000 mg Kalzium. Ein Mineralwasser darf als kalziumreich bezeichnet werden, wenn es mehr als 150 mg Kalzium pro Liter enthält. Auch Gemüse wie Brokkoli, Grünkohl, Rucola und Fenchel sowie einige Nüsse (Haselnüsse, Paranüsse) haben einen hohen Kalziumgehalt. Allerdings kann unser Körper Kalzium aus pflanzlichen Lebensmitteln nicht so gut verwerten wie aus Milchprodukten.

Die D-A-CH-Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr benennen die Mengen von Nährstoffen, Ballaststoffen, Energie und Wasser, die in einer bedarfsgerechten Ernährung des gesunden Menschen enthalten sein sollten. D-A-CH steht für die drei Länder Deutschland (D), Österreich (A) und Schweiz (CH), deren Fachgesellschaften diese Referenzwerte herausgeben.


Heike Kreutz, www.aid.de

Weitere Informationen:

www.dge.de/pdf/ws/Referenzwerte-2013-Calcium.pdf


aid-Heft "Vitamine und Mineralstoffe - eine starke Truppe", Bestell-Nr. 61-1364, Preis: 4,00 Euro, www.aid-medienshop.de

Dienstag, 4. Juni 2013

Kindern erklären, warum sie Medikamente brauchen

Foto: Bundesvereinigung Deutscher 
Apothekerverbände
Im Allgemeinen nehmen kranke Kinder ihre Medikamente nicht gerne ein. Häufig ist der Geschmack befremdlich, die Konsistenz ungewohnt und zudem fühlt sich das Kind schon durch die Erkrankung unwohl. „Eltern tun gut daran, soweit wie möglich, ihren Kindern durch eine altersgerechte Aufklärung, durch Geduld und durch kleine Belohnungen für die Einnahme beschützende Hilfestellung zu geben“, sagt Gabriele Overwiening, Mitglied des Geschäftsführenden Vorstands der Bundesapothekerkammer. „Riskant ist, wenn Eltern ihren Kindern vorgaukeln, dass eine Tablette eine Süßigkeit wäre oder sie zur Einnahme zwingen. Lieber eine kleine Belohnung hinterher in Aussicht stellen.“

Säuglinge oder Kleinkinder bekommen meist flüssige Medikamente. Hier kann es leicht zu Unter- oder Überdosierungen kommen. Mischen Eltern Arzneimittel mit abgepumpter Muttermilch, Säuglingsnahrung, Brei oder anderen Lebensmitteln, müssen vorher mögliche Wechselwirkungen ausgeschlossen werden. So werden beispielsweise einige Antibiotika durch das Kalzium der Milch inaktiviert. Diese Wechselwirkung kann vermieden werden, wenn zwischen der Arzneimittelgabe und dem Trinken von Milch mindestens zwei Stunden liegen. Auch Unterdosierungen sind beim Untermischen unter Lebensmittel möglich. Das Kind muss die gesamte Menge der Flüssigkeit oder des Breis zu sich nehmen, sonst ist die Medikamentendosis zu gering. Spuckt das Kind hingegen einen Teil eines Arzneimittels wieder aus oder erbricht es sich anschließend, darf nicht nochmals eine volle Dosis des Arzneimittels gegeben werden. Es kann sonst zu Überdosierungen kommen. Eltern sollten in solchen Fällen in der Apotheke oder beim Kinderarzt nachfragen.

Wenn das Kind den Geschmack eines Safts oder einer Lutschtablette nicht mag, kennt der Apotheker häufig alternative Präparate mit einem anderen Geschmackszusatz. Damit sich das Kind nicht verschluckt, sollte es bei der Einnahme möglichst aufrecht sitzen und hinterher viel trinken.


Bei Kindern sind Zäpfchen oft eine gute Wahl. Sie lassen sich leichter einführen, wenn sie angewärmt oder mit etwas Wasser benetzt sind. Am besten die Zäpfchen mit dem stumpfen Ende voran einführen, dann rutschen sie nicht heraus. Anschließend die Pobacken für ein paar Minuten zusammenpressen.

Montag, 3. Juni 2013

Gestörter Redefluss - Wenn das Wort stecken bleibt

Er hat viel zu sagen, kann es aber nicht aussprechen. Ein ganzes Stadion voller Menschen beobachtet, wie der britische Königssohn Albert eine Rede zu halten versucht. Die Worte bleiben stecken, er zieht Grimassen, die Zuschauer starren den Königssohn an. Im preisgekrönten Film "The King’s Speech" hält der Schauspieler Colin Firth der Welt vor Augen, welche Qualen Stotterer durchmachen. Allein in Deutschland gibt es 800.000 von ihnen. "Stottern ist die häufigste und bekannteste Sprechstörung und betrifft etwa ein Prozent aller Kinder", sagt Rajko Ninic, Arzt im AOK-Bundesverband.

Als Stottern wird eine Störung des Redeflusses bezeichnet. Es kommt zu einer auffallend häufigen Unterbrechung des Sprechablaufs. Man unterscheidet, wie Mediziner Ninic erläutert, im Allgemeinen zwei Varianten: das Stottern, bei dem Buchstaben, Silben oder Wortteile wiederholt werden (klonisches Stottern) und das Stottern, bei dem es zu Pausen im Sprachablauf kommt (tonisches Stottern). Der Betroffene dehnt Silben und versucht vergeblich, bestimmte Anfangslaute herauszupressen. Diese Laute unterstützt er zusätzlich durch Bewegungen des Oberkörpers, der Arme und Beine und durch seine Mimik.


Betroffene meiden schwierige Situationen


Viele Stotterer suchen den Ausweg darin, besonders schlimme Situationen zu vermeiden: Wer schwierige Wörter wie Pizza Capricciosa nur stotternd herausbekommt, bestellt stattdessen eine Lasagne. Wer am Telefon daran erkannt wird, dass er statt seines Namens nur Buchstaben stammelt, vermeidet das Telefonieren. Wer bei Vorträgen nur bruchstückhaft redet, lehnt künftig Einladungen dazu ab. Ein solches Vermeidungsverhalten kann bis zu einem totalen gesellschaftlichen Rückzug führen.

Eine eindeutige Erklärung für die Ursache des Stotterns gibt es nicht. Die meisten stotternden Menschen haben vermutlich eine Veranlagung zum Stottern, dazu kommen dann auslösende und aufrechterhaltende Faktoren. Viele Einflüsse aus dem körperlichen, dem psychischen, dem sprachlichen und dem sozialen Bereich können bei der Entstehung eine Rolle spielen.

"Generell unterscheidet man zwischen dem Entwicklungsstottern und dem voll ausgebildeten Stottern", erklärt AOK-Mediziner Ninic. Das Entwicklungsstottern kann bei Kindern im Alter von etwa zwei bis vier Jahren auftreten, da in dieser Altersgruppe das Sprachvermögen im Verhältnis zum Mitteilungsvermögen oft unzureichend ist. Es ist für diese Altersgruppe normal und hält in der Regel nur wenige Monate an. Aus diesem Entwicklungsstottern kann jedoch das eigentliche Stottern entstehen. Wenn die Umwelt des Kindes auf das Stottern unangemessen mit Kritik, Unterbrechungen, Ermahnungen und mit Hänselei reagiert, kann sich die Sprechstörung verfestigen.

Stottert ein Kind im Vorschulalter (Entwicklungsstottern), ist in der Regel keine Therapie notwendig. Ist jedoch die Sprachentwicklung verzögert und hat das Kind gleichzeitig Schwierigkeiten bei der Artikulation, sollten die Eltern mit ihrem Nachwuchs zum Logopäden, also einem Stimm- und Sprachtherapeuten, gehen. Das ist auch ratsam, wenn das Kind über das vierte Lebensjahr hinaus stottert, damit sich aus anfänglichen Sprachauffälligkeiten keine chronische Sprechstörung entwickelt.


Stotternde Kinder nicht unterbrechen


Meist wird eine Kombination verschiedener Therapieansätze vorgenommen. Zum einen werden die Eltern über den Umgang mit ihrem stotternden Kind beraten. "Nehmen Sie sich Zeit zum Zuhören, unterbrechen Sie Ihr Kind nicht in seinem Redefluss und helfen Sie ihm auch nicht, Sätze zu vollenden", sagt Ninic. Außerdem wird den Eltern empfohlen, ihr stotterndes Kind beim Sprechen direkt anzuschauen und Kritik zu unterlassen. Diese Verhaltensweisen gelten im Übrigen auch für den Umgang mit erwachsenen Stotterpatienten.


Sprachtherapeutische Behandlung


Eine Haupttherapieform ist die logopädische (sprachtherapeutische) Behandlung, die bei den Symptomen ansetzt. Hier lernt der Patient anhand von Liedern und Sprechversen spielerisch den Umgang mit der Sprache. Er soll die Angst vor dem Sprechen verlieren und die richtige Atem- und Sprechtechnik erlernen. Dies geschieht beispielsweise, indem die Kinder oder Erwachsenen Geräusche nachahmen und das rhythmische Sprechen von Silben trainieren. Mithilfe von Bildergeschichten, Frage-Antwortspielen und Nacherzählungen üben die Patienten, flüssiger zu sprechen. Zudem erlernen sie Entspannungsübungen. Des Weiteren kann das Stottern psychotherapeutisch behandelt werden.

Die genannten Therapieansätze werden in unterschiedlichen Formen angeboten. So lernen die Stotterer bei der „Kasseler Stottertherapie“, die beim Berliner Gesundheitspreis 2008 "Gesagt ist nicht getan" in der engeren Auswahl war, in einem zweiwöchigen Intensivtraining eine ganz neue Sprechweise. Die Patienten sprechen sehr langsam, weich und verbinden Laute und Wörter so, dass Stottern nicht mehr möglich ist. Die Methode basiert auf dem Erlernen von Sprechtechniken und setzt auf die Unterstützung durch Computer. Mit einer eigens entwickelten Software üben die Patienten intensiv die neue Sprechweise.

Wichtig zur Vorbeugung von Sprachstörungen ist nach den Worten Ninics eine Förderung der Sprachentwicklung durch Lesen, Vorlesen, Gespräche, Sprachspiele, Singen und Erzählen. "Leider findet dieses in der Zeit der Fernseher, Computer und Videospiele immer seltener statt", so der AOK-Arzt. Außerdem sei es ratsam, bei ersten Symptomen einer Störung der Sprachentwicklung einen Fachmann zurate zu ziehen, damit aus Sprachauffälligkeiten keine Sprechstörung wird.

Weitere Informationen gibt es auf der Internetseite der AOK, bei der Bundesvereinigung Stotterer-Selbsthilfe e.V. und der Homepage zur Kasseler Stottertherapie.

Samstag, 1. Juni 2013

Jugendliche, die an Diabetes leiden...

Jugendliche, die an Diabetes leiden, sollten rechtzeitig vor der Volljährigkeit mit ihrem Jugendarzt planen, wie sie am besten ihre Therapie bei einem Facharzt für Erwachsene fortsetzen. "Spätestens mit 17 Jahren sollte der Übergang - die so genannte Transition - Thema beim Praxisbesuch sein. Die letzte Jugendvorsorge J2 zwischen 16 und 17 Jahren bietet sich deshalb dafür an", rät Dr. Uwe Büsching, Sprecher des Ausschusses Jugendmedizin vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ). In diesem Alter müssen Heranwachsende viele Herausforderungen bewältigen. Dabei können sie ihre Gesundheit leicht aus den Augen verlieren und vergessen, dass in der Erwachsenenmedizin eine optimale und ununterbrochene Therapie viel mehr von ihrer Eigeninitiative abhängt. Der Jugendarzt und auch die Eltern können Teenager auf diesem Weg begleiten und die Anpassung erleichtern.

"Pädiater in den USA und auch in Deutschland betonen immer wieder, welche, die Gesundheit stabilisierende Bedeutung ein organisierter Übergang von der Jugendmedizin in die Erwachsenenmedizin, insbesondere für chronisch kranke Jugendliche hat. Routinemäßig durchgeführte Übergangssprechstunden wären ein wichtiger Bestandteil davon, sind bis jetzt aber noch die Ausnahme, weil im EBM-Abrechnungskatalog nicht vorgesehen", so Dr. Büsching. Auch eine aktuelle amerikanische Untersuchung legt nahe, dass junge Erwachsene mit Diabetes zusätzlich Unterstützung benötigen, wenn sie von der Jugend- in die Erwachsenenmedizin wechseln. Ohne sie gelingt weniger jungen Menschen eine gleichbleibend gute Diabetes-Kontrolle. Laut der Studie haben junge Erwachsene mit Diabetes Typ 1 derzeit beim Übergang in die Erwachsenenmedizin mehr als ein doppelt so hohes Risiko im Vergleich zu ihrer Kindheit, die Blutzuckerkontrolle zu vernachlässigen und dauerhaft schlechtere Blutzuckerwerte aufzuweisen. Damit schädigen sie über die Jahrzehnte u.a. ihr Gefäßsystem, was zu Herzinfarkt, Schlaganfall, zur Erblindung oder zu Nierenversagen führen kann.

Laut Schätzungen in Deutschland sind 25.000 Kinder und Jugendliche (bis zu 19 Jahre) von Diabetes Typ 1 betroffen, insgesamt leiden 300.000 Menschen daran.

Internet: http://www.kinderaerzte-im-netz.de


Freitag, 31. Mai 2013

Jedes dritte Kind benötigt Physio-, Ergo- oder Sprachtherapie

Statistisch gesehen wurde fast jedem dritten Berliner Kind zwischen unter neun Jahren im letzten Jahr vom Arzt eine Physio-, Ergo- oder Sprachtherapie verschrieben. Das ergab eine aktuelle Datenauswertung der Techniker Krankenkasse (TK), bei der mehr als 625.000 Berlinerinnen und Berliner versichert sind. Um Kinder zu mehr Bewegung im Freien zu motivieren, hat die TK gemeinsam mit der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales die Broschüre "Spielend im Freien - Spiele aus alten Zeiten neu entdecken" herausgegeben. Gemeinsam mit Kita-Kindern vom Prenzlauer Berg haben die Berliner TK-Chefin Susanne Hertzer und der Berliner Gesundheitssenator Mario Czaja heute die Broschüre vorgestellt.

Mehr als 17 Prozent der Berliner Kinder zwischen 0 und acht Jahren haben im letzten Jahr eine Physio- oder Ergotherapie-Verschreibung erhalten, mehr als 12 Prozent eine Sprachtherapie. Insbesondere Therapien, die motorische Defizite der Kinder ausgleichen sollen, wären jedoch in einigen Fällen vermeidbar. Susanne Hertzer, Berliner TK-Chefin: "Bewegung ist entscheidend für eine gesunde und natürliche Entwicklung der Kinder. Schon Kleinkinder sollten ganz selbstverständlich lernen, dass Bewegung Spaß macht und zum Alltag dazugehört." Von älteren Kindern und Jugendlichen ist bekannt, dass sie relativ viel Zeit mit dem Computer, der Spielkonsole oder dem Fernseher verbringen. Jedes dritte Schulkind zwischen 6 und 18 Jahren bewegt sich in der Freizeit weniger als eine halbe Stunde am Tag, wie eine repräsentative Forsa-Umfrage im Auftrag der TK aus dem Jahr 2010 ergab.

Senator Mario Czaja: "Nach den aktuellen Einschulungsuntersuchungen ist jedes zehnte Kind im Vorschulalter übergewichtig. Die Ursachen sind vor allem Bewegungsarmut und ungesunde, kalorienreiche Ernährung. Die in der Broschüre dargestellten Spiele aus alten Zeiten sollen wieder mehr Lust auf Spaß und Bewegung im Freien machen - und dass ohne viel Geld und Aufwand. Das gemeinsame aktive Spielen fördert aber nicht nur eine gesunde, sondern vor allem auch die soziale Entwicklung der Kinder.“" Die Broschüre ist kostenlos bei der TK und der Senatsverwaltung für Gesundheit erhältlich. Zudem sollen alle Berliner Kitas mit "Spielend im Freien" ausgestattet werden.

Donnerstag, 30. Mai 2013

Kinder impfen statt anstecken

Niedersächsische Kinder sind beim Schuleintritt besser gegen Masern, Mumps, Röteln, Polio und Tetanus geimpft als der Bundesdurchschnitt. Foto: Techniker Krankenkasse (TK)


Masern, Mumps, Röteln, Polio und Tetanus...

Niedersächsische Kinder sind beim Schuleintritt besser gegen Masern, Mumps, Röteln, Polio und Tetanus geimpft als der Bundesdurchschnitt. Lediglich bei den Pneumokokken-, Varizellen- und Meningokokken C-Impfungen gibt es in Niedersachsen noch Nachholbedarf, so die Techniker Krankenkasse (TK) in Niedersachsen, die sich auf aktuelle Zahlen des Robert-Koch-Instituts bezieht.

"Auf keinen Fall sollte man Kinderkrankheiten unterschätzen. Masern zum Beispiel sind hoch ansteckend. Sie können Lungen- oder Hirnhautentzündungen hervorrufen, die in manchen Fällen lebensbedrohlich sind", so Inga Heinrich, Sprecherin der TK in Niedersachsen.

Um die Masern einzudämmen ist eine Impfquote von 95 Prozent erforderlich. Niedersachsens Kinder erreichten 2011 mit der 1. Masernimpfung Impfquoten von 96,8 Prozent und liegen somit über dem Wert. Die Impfquoten der 2. Masernimpfung sind hingegen mit 92,9 Prozent noch unzureichend.

Impfungen sind der optimale Schutz vor schweren Infektionskrankheiten. Daher sollten bereits im jungen Alter Vorsorgemaßnahmen getroffen werden. Die Kosten für eine Impfung gegen Masern wird von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.

Das Epidemiologische Bulletin des Robert Koch-Instituts, erscheint in der Regel wöchentlich mit Beiträgen und offiziellen Mitteilungen insbesondere zu den nach IfSG meldepflichtigen Infektionskrankheiten.

Dienstag, 28. Mai 2013

Weniger Schwangere greifen zur Zigarette

In Thüringen greifen weniger Frauen während der Schwangerschaft zur Zigarette.
Foto: Techniker Krankenkasse (TK)


In Thüringen greifen weniger Frauen während der Schwangerschaft zur Zigarette. Mit 9,7 Prozent liegt der Anteil rauchender Schwangerer im Jahr 2011 deutlich unter den Werten der beiden Vorjahre (2010: 10,8 Prozent, 2009: 10,1 Prozent), jedoch immer noch weit über Bundesdurchschnitt. Darauf weist die Techniker Krankenkasse (TK) hin und bezieht sich auf aktuelle Daten zur Qualitätssicherung im Krankenhaus.

"Statistisch gesehen greift damit immer noch jede zehnte werdende Mutter im Freistaat zur Zigarette, was mit erheblichen Risiken für das ungeborene Leben verbunden ist", so Guido Dressel, Leiter der TK-Landesvertretung Thüringen.

Von insgesamt 15.540 befragten Schwangeren haben 1.516 geraucht. Der Großteil - 1.248 Frauen - hat bis zu zehn Zigaretten täglich konsumiert, 231 Frauen haben elf bis maximal 20 Zigaretten, 18 Frauen sogar mehr als 20 Stück geraucht.

"Babys von Müttern, die 20 Zigaretten pro Tag rauchen, nehmen schon im Mutterleib Schadstoffe von über 5.000 Zigaretten auf, die sowohl die Entwicklung des Kindes als auch die Gesundheit der Mutter erheblich beeinträchtigen", betont Dressel.

Bundesweit rauchten im Jahr 2011 insgesamt 7,9 Prozent der schwangeren Frauen und damit erneut weniger als im Vorjahr (2010: 8,5 Prozent).

Sonntag, 26. Mai 2013

Was kostet ADHS?


Rund 600.000 Kinder und Jugendliche in Deutschland leiden nach Schätzungen des Robert Koch-Instituts an dem Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätssyndrom - kurz ADHS. Ärzte behandeln es häufig mit dem Wirkstoff "Methylphenidat", besser bekannt unter dem Handelsnamen Ritalin. Die Verschreibungsmengen steigen seit Jahren deutlich. Allerdings: Die größten Kostentreiber in der Behandlung von ADHS sind nicht die Medikamente. 

Eine Studie des Wissenschaftlichen Instituts der Techniker Krankenkasse für Nutzen und Effizienz im Gesundheitswesen (WINEG) in Kooperation mit der Leibniz Universität Hannover und der Universität Bielefeld zeigt: Die größten Ausgabeposten in der Behandlung von ADHS-Kindern sind mit 44 Prozent Verhaltenstherapie und Heilmittel wie zum Beispiel Ergotherapie. "Dafür geben die Kassen pro Jahr und Patient durchschnittlich 1.704 Euro aus", weiß Professor Dr. Roland Linder vom WINEG, der die Studie geleitet hat.

Nach den Therapien folgen die Ausgaben für ambulante Behandlung (22 Prozent) und stationäre Versorgung (21 Prozent). "Für die Arzneimittel belaufen sich die durchschnittlichen Kosten pro Jahr und Kopf auf 483 Euro. Das entspricht nur zwölf Prozent der Gesamtausgaben", so Linder.

Die Studie ergab außerdem: Kinder mit ADHS leiden überdurchschnittlich häufig an Begleiterkrankungen. "Diese erklären auch die höheren Ausgaben im stationären und ambulanten Bereich", erklärt der Wissenschaftler. So haben Schüler mit ADHS zum Beispiel 15-mal häufiger als nicht betroffene Kinder mit Lernstörungen zu kämpfen. Depressive Phasen treten bei ihnen rund fünfmal häufiger auf. Auch das Verletzungsrisiko ist höher. "Ein lebhaftes ADHS-Kind ist impulsiv und tobt mehr. So kommt es zum Beispiel auch schneller zu Unfällen“, weiß Linder.

Insgesamt belaufen sich die Ausgaben pro ADHS-Patient und Jahr auf 3.888 Euro. Der Vergleich zu einer alters- und geschlechtsgleichen Kontrollgruppe zeigt: Die Kassen geben für einen Patienten mit ADHS pro Jahr 2.902 Euro mehr aus als für ein Kind ohne die Diagnose.

Samstag, 25. Mai 2013

Mobbing in der Schule

Am Anfang ist da das peinliche Foto, das eine Mitschülerin mit dem Handy aufgenommen hat. Es zeigt die füllige Katja P. in der Umkleidekabine, als sie sich in eine Gymnastikhose zwängt. Danach haben mehrere Mitschüler das Bild auf ihren Handys und lachen über sie. Ihren Wunsch, das Bild zu löschen, ignorieren sie. Am nächsten Tag ist das Foto im Internet, in Mails wird sie als "Tonne" diffamiert. In der Woche danach kursieren die nächsten unvorteilhaften Fotos. Neben ihr sitzen will schon lange niemand mehr, zu Geburtstagen wird sie nicht eingeladen und in der Pause steht sie ganz alleine. "Wenn ein Einzelner systematisch und über einen längeren Zeitraum hinweg fertiggemacht wird, ist das Mobbing", erklärt Ulrike Plogstieß. Die Diplom-Psychologin im AOK-Bundesverband rät: "Wichtig ist es, den Anfängen zu wehren."


Die Opfer werden ausgegrenzt, bedroht, geschubst oder geschlagen, mit fiesen Mails belästigt oder im Internet zum Gespött der anderen gemacht. "Mobbing setzt sich aus verschiedenen Handlungen zusammen, die den Betroffenen demütigen sollen und seine Würde angreifen", sagt Plogstieß. "Wenn jemand nur einmal gehänselt wird, ist das noch kein Mobbing." Besonders gut gedeiht ein solcher Psychoterror in einem aggressiven, unsozialen Klassenklima. Dort besteht die Gefahr, dass Schüler ihren Frust an Schwächeren ablassen.

Mobbing in der Schule ist in Deutschland weit verbreitet - das zeigt eine Online-Befragung des Zentrums für empirische pädagogische Forschung der Universität Koblenz-Landau. An der nicht repräsentativen Befragung beteiligten sich im Jahr 2009 fast 2.000 Schüler. Über 40 Prozent der Befragten gaben an, dass sie bereits gezielt und wiederholt drangsaliert wurden, 25 Prozent der Befragten sogar mehrfach pro Woche. Am meisten werden Grundschüler gemobbt, am wenigsten Schüler höherer Klassenstufen.

16,5 Prozent der Befragten bekamen leichtes oder schweres sogenanntes Cyber-Mobbing zu spüren. Dabei wurden Techniken wie E-Mail, Chats, Instant-Messaging-Systeme oder Handys eingesetzt, um sie zu beleidigen, Gerüchte über sie zu verbreiten oder sie zu bedrohen. "Diese Art der Diffamierung ist anonymer, als jemanden persönlich anzugreifen. Dadurch ist die Hemmschwelle auch geringer, Cyber-Mobbing anzuwenden", weiß Diplom-Psychologin Plogstieß. Sie rät Schülern, im Internet keine unvorteilhaften Fotos hochzuladen und genau zu überlegen, wem sie was von sich preisgeben. Ihrerseits sollten sie auch andere nicht bloßstellen und Peinliches über sie verbreiten.

Grundsätzlich kann Mobbing jeden treffen. Doch häufig erwischt es Kinder und Jugendliche, die nicht zu einer starken Gruppe gehören. "Ständig ausgegrenzt und gedemütigt zu werden, bedeutet extremen Stress, der gesundheitliche Folgen haben kann", warnt Plogstieß. Die Betroffenen sind verunsichert und verängstigt. Viele leiden in der Folge unter psychosomatischen Symptomen wie Schlafstörungen, Magenbeschwerden und Kopfschmerzen. Sie sind zunehmend unkonzentriert, wodurch auch ihre schulischen Leistungen oft nachlassen.

Wer gemobbt wird, schämt sich häufig und zieht sich zurück. "Wichtig ist es allerdings, nicht die Schuld bei sich zu suchen, sondern Eltern, Lehrern und Mitschülern von den Demütigungen zu erzählen", empfiehlt Plogstieß, "sonst besteht die Gefahr, dass sich die Mobber ermutigt fühlen und immer dreister werden." Als erstes sollten sich Betroffene mit klaren Worten wehren und ihre Peiniger auffordern, mit den Gemeinheiten aufzuhören. Wer in der Anfangsphase selbstbewusst auftritt und sich Verbündete sucht, kann verhindern, dass er immer weiter in die Defensive gedrängt wird.

"Schüler sollten sich auch nicht scheuen, ihre Lehrer um Hilfe zu bitten. Die Lehrer müssen dafür sorgen, dass der Psychoterror aufhört", sagt die Psychologin. Die Eltern sollten ihr Kind stärken und bei den Lehrern und falls nötig dem Schulleiter auf eine schnelle Lösung des Problems drängen. Hilfreich kann es auch sein, sich an den schulpsychologischen Dienst oder eine Mobbing-Beratungsstelle zu wenden.

Außerdem sollten Schüler von Anfang an in einem "Mobbing-Tagebuch" alle Gemeinheiten festhalten. Damit können sie sich den Frust von der Seele schreiben und anderen das Ausmaß der Übergriffe klar machen. Wer im Internet gemobbt wird, sollte Screenshots als Beweis machen und den Administrator informieren. Seriöse Websites lassen den Störenfried sperren. Die Schwierigkeit besteht allerdings häufig darin, herauszufinden, von wem die Attacken ausgehen. Fiese E-Mails, SMS-Nachrichten oder Anrufe sollten Betroffene ignorieren. Oft ist es sinnvoll, die E-Mail-Adresse und Handynummer zu wechseln.

Um das Selbstbewusstsein von Kindern und Jugendlichen zu stärken und dadurch Mobbing vorzubeugen, unterstützt die AOK Initiativen zur Gewaltprävention. Schon in Kindergärten setzt das pädagogische Programm "Papilio" an, das die AOK Hessen fördert. Darin lernen Drei- bis Siebenjährige spielerisch soziale Kompetenzen und den Umgang mit Gefühlen wie Wut, Traurigkeit, Angst und Freude. Ziel ist es, die psychosoziale Gesundheit der Kinder zu stärken, damit sie später nicht anfällig für Sucht- und Gewaltverhalten sind.
Tipps zum Thema Mobbing bietet die Arbeitsgemeinschaft vernetzter Kinderseiten.
Mehr zum Programm "Papilio"
  

Donnerstag, 23. Mai 2013

Pille, Kondom & Co.


Schmetterlinge im Bauch: Wenn Teenager das erste Mal verliebt sind, fahren ihre 
Gefühle oft Achterbahn. Foto: AOK-Mediendienst

Jugendliche sind gut beraten

Pubertierende Jungen und Mädchen sind in Sachen Sex gar nicht so draufgängerisch, wie Erwachsene glauben. Immer mehr Jugendliche entscheiden sich dafür, mit dem "ersten Mal" eher länger zu warten - und sie verhüten dabei so gut wie nie zuvor. In der Regel haben Jungen und Mädchen ihren ersten Geschlechtsverkehr in einer festen Beziehung. "Die meisten Jugendlichen sind sehr gut aufgeklärt, sie verhüten besser als je zuvor und entscheiden sehr bewusst, was sie wollen und was nicht", sagt Thomas Ebel, Arzt im AOK-Bundesverband.

Aufklärung, Verhütung, Sexualität - das sind für Jugendliche von heute keine Themen mehr, die verschämt hinter der Turnhalle besprochen werden. Hier hat sich in den vergangenen Jahren viel getan: Eltern, Schule, Beratungsstellen und das Internet leisten ihren Beitrag dazu, dass das Thema heute viel offener als früher besprochen wird. "Die Jugendlichen gehen unbefangener und dennoch verantwortungsvoll mit ihrer Sexualität um", sagt Ebel.

Das zeigen die Ergebnisse einer repräsentativen Befragung, die die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung alle fünf Jahre unter mehreren tausend Mädchen und Jungen macht. Demnach sank der Anteil der 14-jährigen Mädchen, die bereits Geschlechtsverkehr hatten, von zwölf Prozent im Jahr 2005 auf sieben Prozent im Jahr 2010. Bei den gleichaltrigen Jungen sank er von zehn auf vier Prozent. Bis zu einem Alter von 17 Jahren hat mehr als ein Drittel der jungen Frauen und Männer noch keinen Geschlechtsverkehr gehabt.

Umfassende Informationen und freier Umgang mit dem Thema Sexualität haben auch dazu geführt, dass die Jugendlichen zwischen 14 und 17 Jahren heute besser denn je verhüten. Während 1980 noch 20 Prozent der Mädchen und 29 Prozent der Jungen angaben, Geschlechtsverkehr ohne Verhütung zu haben, sind es heute nur noch acht Prozent der Mädchen und Jungen - mittlerweile verhüten Jungen also genauso gut wie Mädchen. Und am häufigsten kommt hierbei das Kondom zum Einsatz. Drei Viertel aller deutschen Jungen und Mädchen verwenden es bei ihrem "ersten Mal". "Sind sie dann länger sexuell aktiv, verwenden Mädchen zunehmend die Pille", sagt Ebel.

Kondome und Pille empfehlen Experten den Jugendlichen auch als sichere und gut handhabbare Verhütungsmittel. Richtig angewendet, gilt das Kondom als sicher und bietet im Gegensatz zu anderen Verhütungsmitteln zusätzlich Schutz vor sexuell übertragbaren Krankheiten wie einer HIV-Infektion, Syphilis oder Hepatitits B. Da die Sicherheit der Verhütung mit Kondom stark von der richtigen Anwendung abhängt, raten die Experten den Jungen, den Umgang mit dem Kondom vorher zu üben. Die Zuverlässigkeit einer Verhütungsmethode beschreibt der sogenannten Pearl-Index. Je niedriger er ist, desto sicherer ist das Verhütungsmittel. Beim Kondom liegt er zwischen zwei und zwölf. Das bedeutet, von 100 Frauen, die zwölf Zyklen mit Kondom Geschlechtsverkehr haben, werden zwischen zwei und zwölf schwanger. Ebel: "Der Grund für die Schwankungsbreite sind im wesentlichen Anwendungsfehler."


50 Jahre Pille


Auch die Verhütung mit der Pille, die es seit gut 50 Jahren gibt, gilt als sicher - aber sie braucht Vorlauf. Der Frauenarzt entscheidet, welches Hormonpräparat das richtige für das jeweilige Mädchen ist. Die Sicherheit der Pille hängt stark von der regelmäßigen Einnahme ab - von 100 Frauen, die zwölf Zyklen lang die Pille mit Östrogenen und Gestagenen nehmen, werden 0,1 bis 0,9 schwanger. Bei der Minipille, die nur Gestagene enthält, liegt der Index etwas höher. Der Einnahme der Pille geht eine eingehende Untersuchung und Beratung voraus.

Anders als das Kondom kann die Pille Nebenwirkungen wie Übelkeit, Kopfschmerzen, Gewichtszunahme und Brustspannungen haben. "Raucherinnen haben ein höheres Thrombose-Risiko", warnt Ebel. Dabei gilt: Ist das Mädchen jünger als 14 Jahre, müssen die Eltern informiert und einbezogen werden. Zwischen 14 und 16 Jahren kann der Arzt die Pille auch ohne Zustimmung der Eltern verschreiben, die Entscheidung liegt in seinem Ermessen. Ab dem 16. Lebensjahr ist das Einverständnis der Eltern nicht mehr nötig.


Weitere Verhütungsmittel


Neben Pille und Kondom gibt es noch zahlreiche weitere Verhütungsmittel, die zum Teil auch als sicher gelten. Dazu gehört der Vaginalring, den das Mädchen für drei Wochen in die Scheide einführt, und der hier künstliche weibliche Hormone abgibt. In der vierten Woche kommt es dann zur Blutung. Der Vaginalring ist fast so sicher wie die Pille und kann dieselben Nebenwirkungen haben.

Auch beim Verhütungspflaster sind Sicherheit und Nebenwirkungen ähnlich wie bei der Pille. Das etwa fünf mal fünf Zentimeter große Verhütungspflaster wird auf die Haut geklebt und gibt hier regelmäßige weibliche Hormone ab. Wenn das verschreibungspflichtige Pflaster nach drei Wochen abgenommen wird, ist auch die pflasterfreie Woche geschützt, bevor dann wieder ein nächstes Pflaster aufgeklebt wird.

Wer drei Jahre lang Ruhe haben möchte, kann sich für ein Hormonimplantat entscheiden. Dabei implantiert der Frauenarzt ein weiches Kunststoffstäbchen an der Innenseite des Oberarms, das drei Jahre lang kleine Mengen des Hormons Gestagen abgibt. Diese Methode gilt ebenfalls als sehr sicher. Es kommt jedoch in seltenen Fällen zur Wanderung des Stäbchens, was Beschwerden verursachen kann. Für die Hormonspirale gilt, dass sie bis zu fünf Jahre in der Gebärmutter liegt, kleine Mengen Gestagen freisetzt und damit eine Schwangerschaft verhindert.

Das Diaphragma oder auch Scheidenpessar dagegen bleibt nicht dauerhaft im Körper. Der biegsame Ring mit einer Gummihaut wird frühestens ein bis zwei Stunden vor dem Geschlechtsverkehr mit einem Gel bestrichen, das Spermien abtötet. Dann wird es wie eine Barriere vor den Muttermund gelegt, damit keine Spermien in die Scheide gelangen können. Der Frauenarzt muss das Diaphragma anpassen. Wie sicher es ist, hängt stark von der Übung beim Einführen ab. Deshalb liegt der Verhütungsindex zwischen eins und 20.
Darüber hinaus gibt es noch verschiedenste chemische Verhütungsmethoden wie Gels, Schaumzäpfchen oder Cremes, die vor dem Geschlechtsverkehr in die Scheide eingeführt werden und die Spermien unbeweglich machen sollen. "Solche Mittel sollten nur zusammen mit einem Kondom oder einem Diaphragma verwendet werden, da sie sonst nicht sicher sind", sagt Ebel.


Koitus interruptus ist unsichere Methode


Nicht ratsam ist der Koitus interruptus, also der Rückzieher des Mannes vorm Höhepunkt. Ebel: "Auch vor dem Samenerguss können schon Spermien in die Scheide gelangen."
Gab es Pannen bei der Verhütung, gibt es schließlich noch die "Pille danach". Diese muss der Arzt verschreiben, wobei der Zeitpunkt eine ganz wichtige Rolle spielt: Es muss bis spätestens 72 Stunden, bei neueren Präparaten bis zu 120 Stunden nach ungeschütztem Verkehr oder einer Panne eingenommen werden. Der Zeitpunkt ist so wichtig, weil es sich nicht um eine Abtreibungspille handelt. Ist die Eizelle bereits befruchtet, wirkt die "Pille danach" nicht mehr. Deshalb gilt: je eher, desto besser.


Viele Informationsangebote


Neben Elternhaus und Schule gibt es zahlreiche Beratungsmöglichkeiten für Jugendliche, viele Jungen und Mädchen nutzen dazu gerne das Internet. 

Auf der Website der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung gibt es viele Broschüren zum Thema, nicht nur für Jugendliche, sondern auch für ihre Eltern. Arbeiterwohlfahrt, Caritas, Deutsches Rotes Kreuz, Diakonisches Werk und viele andere Träger haben Beratungsstellen, an die sich Jugendliche ebenfalls wenden können. Durch die vielfältigen Angebote und die verantwortungsvolle Aufklärung durch Elternhaus und Schule hat sich in Sachen Aufklärung und Verhütung in Deutschland viel getan. "So hat Deutschland heute eine der niedrigsten Teenagerschwangerschaftsraten in Europa", sagt Ebel.
  

ADHS bei jungen Erwachsenen


Immer mehr jungen Erwachsenen werden immer mehr Arzneimittel zur Behandlung von ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung) verschrieben. Dies zeigt eine aktuelle Auswertung der Techniker Krankenkasse (TK). Die Anzahl der Patienten im Alter zwischen 17 und 20 Jahren, die ein Präparat zur Behandlung von ADHS verordnet bekommen haben, ist im Vergleich zwischen 2011 und 2012 um zwölf Prozent gestiegen. Die Menge der verordneten Medikamenten-Packungen ist für diese Altersgruppe im gleichen Zeitraum um rund 20 Prozent gestiegen - die Facharztgruppe der Kinder- und Jugendmediziner hat sogar doppelt so viele Packungen verordnet.

"Die sogenannte Kinderkrankheit ADHS endet nicht automatisch an der gesetzlich festgesetzten Grenze zur Volljährigkeit. Daher ist es wichtig, dass man die Patienten in der Übergangszeit vom Jugend- ins Erwachsenenalter nicht einfach alleine lässt, sondern weiterhin umfassend medizinisch betreut", erklärt Dr. Edda Würdemann, Apothekerin bei der TK. "Notwendig ist bei diesem Übergang deshalb eine besonders enge Zusammenarbeit zwischen den Fachärzten."

Die Auswertung der TK-Daten zeigt, dass diese Zusammenarbeit zwischen den Fachärzten in der Regel bereits heute umgesetzt wird. Denn die Verordnungszuwächse bei den ADHS-Medikamenten für die Patienten zwischen 17 und 20 Jahren traten in den meisten Fällen bei den zuständigen Spezialisten auf. Dazu gehören zum Beispiel Kinder- und Jugendpsychiater, Neurologen und Ärzte, die in psychiatrischen und psychotherapeutischen Ambulanzen arbeiten.

"Ein Grund für den Anstieg der Verordnungszahlen ist mit großer Wahrscheinlichkeit, dass erst seit April 2011 ein Arzneimittel mit dem Wirkstoff Methylphenidat auch für Erwachsene zugelassen ist", so Würdemann. "Hier kommt ein gewisser Nachholeffekt zum Tragen." Dieses Präparat "Medikinet adult" kann über 18-jährigen Patienten verschrieben werden, wenn dem Patient bereits im Kindesalter die Diagnose ADHS gestellt wurde und andere therapeutische Maßnahmen nicht ausreichen.

Die analysierten Daten sind um das Versichertenwachstum der TK für die Jahre 2011 und 2012 statistisch bereinigt.

Mittelohrentzündung bei Kindern

Die akute Mittelohrentzündung (Otitis media) ist eine der häufigsten Erkrankungen im Kindesalter. Sie beginnt in der Regel plötzlich mit stechenden ein- oder beidseitigen Ohrenschmerzen, einem Klopfen im Ohr, Fieber oder vermindertem Hörvermögen. Ursache der Entzündung sind Viren oder Bakterien. "Je nach Ausprägung der Krankheitssymptome kann es genügen, wenn die Kinder Mittel gegen die Schmerzen bekommen, viel trinken und sich schonen", sagt Dr. Johanna Hoffmann, Ärztin im AOK-Bundesverband. Eine Behandlung mit Antibiotika ist nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin in vielen Fällen nicht notwendig.

Das Mittelohr ist ein luftgefüllter Hohlraum. Es wird durch das Trommelfell vom äußeren Gehörgang abgetrennt. Im Mittelohr befinden sich die drei Gehörknöchelchen Hammer, Amboss und Steigbügel, welche die Schallwellen in Richtung Innenohr übertragen. Durch die Ohrtrompete, auch Eustachische Röhre genannt, ist das Mittelohr mit dem hinteren Rachenraum verbunden und wird über diese belüftet.

"Bei einer Erkältung können Keime aus dem Nasen-Rachen-Raum über die Ohrtrompete ins Mittelohr gelangen und dort eine Entzündung auslösen", erläutert AOK-Medizinerin Hoffmann. Besonders häufig leiden darunter Säuglinge und Kleinkinder, da ihre Ohrtrompete noch sehr kurz ist. Durch die Entzündung schwillt die Schleimhaut im Mittelohr und in der Ohrtrompete an, wodurch sich diese verengt. In der Folge können Schleim und Flüssigkeit nicht mehr abfließen und sammeln sich im Mittelohr. Der somit entstehende Druck kann dazu führen, dass das Trommelfell reißt. Durch die Verletzung im Trommelfell kann Flüssigkeit nach außen abfließen, wodurch die Schmerzen zunächst gelindert werden.


Krankheitszeichen beobachten


Die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, kurz DEGAM, empfiehlt, bei Kindern ab sechs Monaten mit einer weniger schweren Erkrankung zunächst auf die Gabe von Antibiotika zu verzichten und die Krankheitszeichen zu beobachten. Laut DEGAM heilen 80 Prozent der akuten Mittelohrentzündungen in wenigen Tagen von alleine. Bei Kindern zwischen sechs und 24 Monaten mit einer unkomplizierten Erkrankung sollten Eltern 24 Stunden, bei Kindern ab zwei Jahren 24 bis 48 Stunden abwarten, bevor sie ihrem Nachwuchs Antibiotika geben. Bis dahin können sie mit Schmerzmitteln die Schmerzen lindern. Rotlicht tut ebenfalls vielen Kindern gut. Hat das Kind gleichzeitig Schnupfen, können Nasentropfen dazu beitragen, dass die Schleimhaut im Nasen-Rachen-Raum abschwillt.

Ein bekanntes Hausmittel sind Zwiebelsäckchen. Dazu legt man gehackte Zwiebelstückchen in einem Säckchen aus dünnem Stoff mehrmals täglich für etwa eine halbe Stunde auf das schmerzende Ohr. Das Zwiebelsäckchen kann man mit wärmender Wolle oder Watte abdecken und es mit einer Mütze oder einem um den Kopf gewickelten Tuch befestigen.


Wadenwickel tun bei hohem Fieber gut


Bei hohem Fieber können Wadenwickel wohltuend sein. Dazu werden Tücher in Wasser getränkt, ausgewrungen und um die Beine gewickelt. Wichtig ist, dass das dazu verwendete Wasser nicht viel kühler als die Körpertemperatur ist. Die Wickel werden vom Knöchel bis zum Knie um die Beine geschlagen und können bis zu drei Mal ausgewechselt werden. Das Kind bleibt dabei zugedeckt.

"Gehen Sie mit Ihrem Kind zum Arzt, wenn sich die Erkrankung nicht bessert. Falls Sie bereits ein Rezept für ein Antibiotikum haben, sollten Sie es dann einlösen", rät Hoffmann. Eine rasche Vorstellung bei einem Mediziner oder in einer Klinik ist notwendig, wenn sich das Kind wiederholt erbricht, es ihm deutlich schlechter geht oder es unter anhaltendem oder wieder steigendem Fieber und zunehmenden Schmerzen leidet. Mit einem Säugling bis zum Alter von sechs Monaten sollten Eltern schon bei den ersten Beschwerden einen Arzt aufsuchen. Das gilt auch für sehr kranke und immungeschwächte Kinder oder bei Komplikationen durch die Mittelohrentzündung. Wenn ein Kind bereits am Ohr operiert wurde oder schon Ohrentzündungen gehabt hat, ist ebenfalls ein sofortiger Arztbesuch nötig.


Immer mehr Bakterien sind resistent gegen Antibiotika


Bei einer Mittelohrentzündung in jedem Fall Antibiotika zu geben, halten viele Mediziner und Wissenschaftler für problematisch. Der Grund ist, dass immer mehr Bakterien-Stämme Abwehrmechanismen entwickeln (Resistenz) und die Mittel nicht mehr wirken. Obwohl die Medikamente nur gegen Bakterien wirksam sind, werden sie oft auch zur Behandlung von Viruserkrankungen eingesetzt. "Die häufige Verordnung von Antibiotika bei Kindern mit einer Mittelohrentzündung führt dazu, dass die Medikamente bei anderen Infekten nicht mehr anschlagen", warnt Professor Dr. Winfried Kern, Leiter der Infektiologie der Universität Freiburg. Er empfiehlt, Antibiotika gezielter einzusetzen. Bei jeder Verordnung sollten Mediziner abwägen, ob der klinische Nutzen für den Patienten größer ist als der Schaden durch die mögliche Entwicklung einer Resistenz.

Untersuchungen des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) haben gezeigt, dass jedes Kind bis zum Alter von zehn Jahren im Jahr 2009 im Schnitt sechs Tage lang Antibiotika einnahm. "In Deutschland werden Kinder bei einer Mittelohrentzündung dreimal so häufig mit Antibiotika behandelt wie in den Niederlanden, obwohl dies nach Ansicht medizinischer Experten keinen Vorteil bringt", kritisiert Helmut Schröder, stellvertretender WIdO-Geschäftsführer.


Reserve-Antibiotika werden zu sorglos verordnet


Für besonders problematisch hält Schröder den häufigen Einsatz der sogenannten Reserve-Antibiotika. Sie würden zunehmend auch bei normalen Infekten eingesetzt, obwohl sie eigentlich erst genutzt werden sollten, wenn Standard-Antibiotika nicht mehr wirken. "Mit einem sorglosen Einsatz der Reserve-Antibiotika wird deren Wirksamkeit unnötigerweise aufs Spiel gesetzt", warnt Schröder.

Mehr Infos zum Thema gibt es bei der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin.

Donnerstag, 16. Mai 2013

Geschmacksvorlieben bei Kindern


Kultur und Land haben den größten Einfluss auf die Entwicklung von Geschmacksvorlieben bei Kindern. Das hat eine Studie des Leibniz-Instituts für Präventionsforschung und Epidemiologie in Bremen ergeben. Gemeinsam mit europäischen Kollegen hatten sie den Essgeschmack von 1.700 Kindern im Alter von 6 bis 9 Jahren untersucht. Die Länder Italien, Estland, Zypern, Belgien, Schweden, Spanien, Ungarn und Deutschland waren beteiligt.

Die Wissenschaftler prüften die Präferenzen der jungen Probanden für Apfelsaft mit variablem Zuckergehalt und Kekse, die unterschiedlich viel Fett, Salz und Geschmacksverstärker (Natriumglutamat) enthielten. Dabei ist Natriumglutamat für den würzigen Umami-Geschmack verantwortlich. Die Eltern machten in Fragebögen Angaben zu den familiären Ernährungs- und Lebensgewohnheiten. Zusätzlich wurde die individuelle Empfindlichkeit der Sinneszellen für die vier Geschmacksarten süß, bitter, salzig und umami bestimmt.

Die Nationalität hatte den größten Einfluss auf den Essgeschmack der Jungen und Mädchen. So aßen mehr als 70 Prozent der deutschen Grundschulkinder besonders gerne fettreiche Kekse. In Zypern und Schweden traf das auf weniger als 40 Prozent zu. Im Gegensatz dazu bevorzugten Kinder aus Deutschland und Belgien eher natürlichen Apfelsaft, während ihre Altersgenossen aus Schweden, Ungarn und Italien die gesüßten Varianten am liebsten mochten. Auch das Alter war von Bedeutung: Ältere Kinder hatten eine größere Vorliebe für süße und salzige Speisen, während der würzige Umami-Geschmack weniger favorisiert wurde.

Weitere Studien sind jedoch notwendig, um die Resultate zu bestätigen. Faktoren wie das Geschlecht und Geschmacksempfindlichkeit der Kinder, der Bildungsstand der Eltern und die Ernährung als Säugling spielten kaum eine Rolle. Auch der Einsatz bestimmter Lebensmittel als belohnende Erziehungsmaßnahme hatte kaum Einfluss auf die Geschmacksentwicklung.

Geschmacksvorlieben sind entscheidend für die tägliche Auswahl der Lebensmittel. Wer Kinder zu einer gesunden Kost ermuntern möchte, sollte daher auch Alter und nationale Besonderheiten berücksichtigen, resümieren die Wissenschaftler. Das ist vor allem für länderübergreifende Programme zur gesunden Ernährung von Bedeutung.


Heike Kreutz, www.aid.de

Weitere Informationen:

Mehr über die Ernährung von Kindern (bis 6 Jahren) erfahren Sie in der Rubrik "Spezielle Ernährungsinfos" auf www.was-wir-essen.de
aid-Heft "Das beste Essen für Kinder - Empfehlungen für die Ernährung von Kindern", Bestell-Nr. 61-1447, Preis: 2,50 Euro, www.aid-medienshop.de


Mittwoch, 1. Mai 2013

Exzessive Internetnutzung

Ab sofort unterstützt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) Jugendliche dabei, übermäßigem Internetsurfen oder exzessivem Gebrauch von PC-Spielen Aktivitäten außerhalb des Online-Bereichs entgegen zu setzen. Zentrales Ziel des neuen Programms "Das andere Leben" auf www.ins-netz-gehen.de ist es, bei jungen Menschen im Alter von 12 bis 18 Jahren Aktivitäten im realen Leben zu fördern.

Dass die BZgA dafür ein Online-Angebot entwickelt hat, mag auf den ersten Blick widersprüchlich erscheinen - entspricht allerdings den Lebensgewohnheiten der Zielgruppe. Gerade die jungen Menschen, die zu viel und zu oft online aktiv sind, können primär über diesen Kommunikationsweg erreicht werden mit dem längerfristigen Ziel, dass sie "Das andere Leben" wieder kennen lernen.

Hierzu erklärt Mechthild Dyckmans, Drogenbeauftragte der Bundesregierung: "Das neue BZgA-Online-Programm vermittelt Jugendlichen dort, wo man sie am besten erreicht, einen verantwortungsvollen Computerspiel- und Internetgebrauch. Das Programm motiviert Jugendliche körperlich aktiv zu sein, alternativen Freizeitangeboten und Hobbys nachzugehen und außerhalb der virtuellen Welt Freunde zu treffen. Es schafft damit die Voraussetzung, sich nicht in virtuellen Welten zu verlieren und abhängig zu werden."

Zahlreiche Studien der letzten Jahre belegen, dass die Beschäftigung mit elektronischen Medien einen immer größeren Anteil in der Freizeitgestaltung Jugendlicher einnimmt. Aktuelle Zahlen zeigen, dass exzessiver oder pathologischer Computerspiel- und Internetgebrauch vor allem bei jungen Menschen verbreitet ist: Etwa 250.000 aller 14- bis 24- Jährigen in Deutschland gelten als internetabhängig, 1,4 Millionen als problematische Internetnutzer.

"In der Prävention exzessiver Internetnutzung müssen besonders soziale Fähigkeiten trainiert werden, um beispielsweise die Selbstwahrnehmung junger Menschen zu stärken oder um kompetent mit Stress und Belastungen umzugehen", erklärt Prof. Dr. Elisabeth Pott, Direktorin der BZgA. "Dabei setzen wir auf Prävention, die Jugendliche in ihrer Lebenswelt anspricht. Bei dem neuen Angebot ‚Das andere Leben’ lernen sie, befriedigende Aktivitäten in anderen sozialen Räumen zu finden, in denen sie Bestätigung erfahren."

Das neue Programm "Das andere Leben" auf www.ins-netz-gehen.de richtet sich an 12 - bis 14-Jährige und an 15- bis 18-Jährige. Es bietet Hilfe bei der exzessiven Nutzung von Computerspielen und von sozialen Netzwerken. Insgesamt ist das Programm  auf einen Zeitraum von vier Wochen angelegt. In dieser Zeit erhalten Jugendliche die Möglichkeit, sich in einem persönlichen Chatgespräch mit speziell qualifizierten Beraterinnen und Beratern - dem Support Team - auszutauschen. Zentrales Element des Programms ist die Übung "Real Life Challenge: Verbessere deine Offline-Skills": Teilnehmende Jugendliche suchen sich hierbei in der Liste "Offline-Skills" die Aktivitäten aus, die sie im realen Leben ausführen wollen. Wenn sie die Aktivität ausgeführt und kurz beschrieben haben, wie es ihnen ergangen ist, sammeln sie Punkte für Offline-Aktivitäten und können dafür später eine Urkunde erhalten. Neben der "Real Life Challenge" bietet das Programm auch einen so genannten Medien-Checker - eine spezielle Form des Tagebuchs zur Dokumentation der eigenen Mediennutzung - und einen Medien-Planer, mit dem Jugendliche zusammen mit dem Support-Team ihre Online-Zeiten selbst festlegen können.

Abgerundet wird "Das andere Leben" durch eine individuelle E-Mail-Beratung und verschiedene Selbst-Tests zur Internet- und Computerspielnutzung. Darüber erhalten sie dann ein personalisiertes Feedback zu ihrem Nutzungsverhalten.

Weitere Informationen unter www.ins-netz-gehen.de

Informationsangebote der BZgA für Jugendliche und für Eltern zum Thema Computerspiele:

- Computerspiele find ich toll! Wo ist das Problem? - Flyer zum Thema "Computerspiele im Internet" für 12- bis 18-Jährige

- Online sein mit Maß und Spaß - Ein Elternratgeber zum richtigen Umgang mit digitalen Medien


Die Materialien können direkt unter http://www.ins-netz-gehen.de bestellt werden oder unter folgender Adresse: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, 51101 Köln, Fax: 0221-8992-257, E-Mail: order@bzga.de, www.bzga.de/infomaterialien/suchtvorbeugung


Montag, 29. April 2013

Wie Kinder am besten schwimmen lernen


Schwimmnudeln bieten eine gute Hilfe bei der Gewöhnung ans Wasser.  Foto: Foto: AOK-Mediendienst

Möglichst frühzeitig an Wasser zu gewöhnen

Paddeln und zappeln wie die Frösche und die Hunde – auch für ungeübte kleine Schwimmer ist es gar nicht so schwer, sich über Wasser zu halten. Wer erst einmal die Scheu vor dem nassen Element verloren hat, lernt schnell, wie er sich vom Wasser tragen lassen kann und welch großen Spaß Schwimmen macht. Schon ab einem Alter von vier Jahren können Kinder spielerisch an Wasser herangeführt werden. "Wir raten Eltern, ihre Kinder möglichst frühzeitig an Wasser zu gewöhnen", sagt der für Ausbildung zuständige Referent der Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft e.V. (DLRG), Dr. Harald Rehn.

"Schwimmen macht nicht nur Spaß, sondern ist auch ein gesunder Sport, der den gesamten Bewegungsapparat in Schwung hält und die Gelenke schont", sagt Rehn. Als Hilfsmittel könnten Schwimmnudeln verwendet werden. Das vermittelt ein gewisses Sicherheitsgefühl und schränkt die Bewegungsfreiheit nicht ein. "Schwimmflügel eignen sich dagegen weniger zum schwimmen lernen: Die Kinder hängen damit so im Wasser, dass sie Arme und Beine nicht richtig bewegen können", warnt Rehn. 

Wer Mut und Ausdauer hat, kann dann sogar schon das Schwimmen vorbereitende Abzeichen "Seepferdchen" in Angriff nehmen. Vor der Verleihung dieses Abzeichens steht ein Sprung ins Wasser vom Beckenrand und 25 Meter schwimmen sowie das Herausholen eines Gegenstandes mit den Händen aus schultertiefem Wasser. "Allerdings kann man damit noch nicht sicher schwimmen", sagt Rehn. "Die Kinder dürfen auf keinen Fall unbeaufsichtigt im Wasser bleiben."


Fehler in der Schwimmtechnik vermeiden


Nach der Empfehlung des Sportwissenschaftlers sollten Eltern ihre Kinder möglichst nicht selbst im Schwimmen unterrichten. "Sonst schleichen sich Fehler in der Schwimmtechnik ein, die später nur schwer korrigiert werden können." Rehn: "Es gibt viele Organisationen und Vereine, die gut ausgebildete Schwimmlehrer haben. Dort können die Kinder am besten die richtige Schwimmtechnik erlernen, und die Kurse sind in der Regel nicht teuer". "Aber ein Vergleich lohnt sich auf jeden Fall", erläutert Rehn.

"Wir plädieren dafür, dass Kinder möglichst vor dem Eintritt in die Schule oder in der ersten Klasse schwimmen lernen", sagt DLRG-Experte Rehn. Richtig los geht es nach seinen Worten mit dem "Deutschen Jugendschwimmabzeichen – Bronze" das neben einem Sprung vom Beckenrand mindestens 200 Meter schwimmen in einer Zeit von höchstens 15 Minuten, zwei Meter Tieftauchen, einen Sprung aus einem Meter Höhe und das Kennen von Baderegeln beinhaltet. In Deutschland beginnt der Schwimmunterricht in den meisten Schulen in der dritten Klasse. "Das halten wir für zu spät." Immer noch können nach Rehns Angaben in Deutschland knapp die Hälfte aller Kinder nicht sicher schwimmen. "Das kann zu Badeunfällen mit dramatischen Auswirkungen führen. Je früher Kinder schwimmen lernen, desto früher sind sie auch vor der Gefahr des Ertrinkens geschützt."

Weitere Informationen gibt es bei der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft

Freitag, 26. April 2013

Chronisch unterernährt: Ein Viertel der Kinder weltweit betroffen


Weltweit ist jedes vierte Kleinkind chronisch unterernährt und leidet sein ganzes Leben unter den Folgen. Das ist das Resultat des aktuellen UNICEF-Berichts zur globalen Ernährungssituation der Kinder. Insgesamt sind 165 Millionen unter Fünfjährige körperlich und geistig unterentwickelt, da sie chronisch mit Nährstoffen und Kalorien unterversorgt sind. Dieser Entwicklungsrückstand lässt sich meist nicht mehr aufholen. Denn die ersten 1.000 Tage vom Embryo im Mutterleib bis zum zweiten Geburtstag eines Kindes sind entscheidend für Gesundheit und ein optimales Wachstum, erklärt UNICEF. Die betroffenen Jungen und Mädchen sind zu klein für ihr Alter und häufig für immer in ihren kognitiven Fähigkeiten beeinträchtigt.

Drei Viertel dieser unterentwickelten Kinder leben in Südasien oder im südlichen Afrika. Allein in Indien leiden 61 Millionen unter "verstecktem Hunger". Kinder aus armen Verhältnissen sind doppelt so häufig betroffen und auf dem Land ist das Risiko größer als in der Stadt. Die Heranwachsenden erhalten nicht nur zu wenig Nährstoffe mit der Nahrung, sondern sind auch durch Krankheiten wie Durchfall und Parasiten geschwächt. Da chronisch unterernährte Jungen und Mädchen häufiger krank sind, gehen sie auch seltener zur Schule. Das reduziert zusätzlich ihre Leistungsfähigkeit und ihre Chancen, die Armut zu überwinden.

Länder wie Äthiopien, Haiti, Peru und Ruanda haben mit gezielten Programmen für bessere Ernährung bereits viel erreicht. In Peru zum Beispiel sank der Anteil der unterentwickelten Kinder zwischen 2006 und 2011 von 30 auf 20 Prozent, in Äthiopien von 57 Prozent im Jahr 2000 auf 44 Prozent im Jahr 2011. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat das Ziel, die Zahl der unterentwickelten Kinder bis 2024 um 40 Prozent zu senken. Wichtige Maßnahmen sind zum Beispiel die Versorgung von Schwangeren und Kindern mit Mikronährstoffen wie Vitamin A, Folsäure, Jod, Zink und Eisen, Stillberatung und der Aufbau einer Infrastruktur in betroffenen Gebieten.


Heike Kreutz, www.aid.de

Weitere Informationen:
UNICEF Deutschland: www.unicef.de, UNICEF-Bericht über die Ernährungssituation der Kinder


Mittwoch, 10. April 2013

Wenn Kinder extrem viel zappeln

Viele Kinder sind lebhaft, spontan und tun nicht immer das, was die Erwachsenen wollen. Ist ein Kind allerdings länger als sechs Monate unaufmerksam, unruhig und impulsiv, kann es an der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung, kurz ADHS, leiden. "Von ADHS spricht man, wenn die Auffälligkeiten bereits vor dem siebten Lebensjahr beobachtet wurden und deutlich über das hinausgehen, was durch das Alter und den Entwicklungsstand erklärbar ist", sagt Dr. Christiane Roick, stellvertretende Leiterin des Stabes Medizin im AOK-Bundesverband. Das auffällige Verhalten führt bei Kindern mit ADHS zu erheblichen Einschränkungen in mehreren Lebensbereichen, etwa in der Schule und der Familie.

ADHS ist eine häufig auftretende psychische Störung. Nach Daten aus dem Kinder- und Jugendsurvey des Robert-Koch-Instituts sind etwa vier Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland davon betroffen. Bei Jungen wird die starke Zerstreutheit, Unruhe und Impulsivität zwei- bis viermal häufiger festgestellt als bei Mädchen. "Wenn Sie befürchten, dass Ihr Kind unter ADHS leidet, sollten Sie einen Kinder- und Jugendarzt oder einen Kinder- und Jugendpsychiater um Rat fragen", empfiehlt Medizinerin Roick.

Experten können die Störung anhand eines speziellen Kriterienkatalogs bei Kindern ab dem Alter von etwa sechs Jahren relativ gut diagnostizieren. Häufig fallen Kinder mit ADHS aber schon im Kleinkindalter durch Ruhelosigkeit und ständiges Zappeln auf, sodass die Diagnose auch in diesem Alter schon gestellt werden kann.

Das Grundschulalter ist oft besonders schwierig

Besonders schwierig ist das Grundschulalter. Dann stören betroffene Kinder oft den Unterricht oder stehen einfach auf. Sie halten sich vielfach nicht an Regeln, können sich nur kurz auf eine Sache konzentrieren und lassen sich schnell ablenken. Außerdem handeln sie oft unüberlegt, unterbrechen andere und reden spontan dazwischen. Dazu haben viele ein geringes Selbstbewusstsein und werden bei Misserfolgen leicht aggressiv.

Durch ihr Verhalten haben Betroffene meist Schwierigkeiten in der Schule, außerdem kann es ihre Beziehung zu Eltern, Geschwistern, anderen Kindern und Lehrern belasten. Nicht selten werden sie von ihren Mitschülern abgelehnt. "Kinder mit ADHS sind genauso intelligent wie Gleichaltrige. Viele sind kreativ und künstlerisch begabt. Allerdings können sie durch ihre Hyperaktivität, fehlende Aufmerksamkeit und Impulsivität ihre tatsächlichen Fähigkeiten weniger gut nutzen", erläutert AOK-Ärztin Roick. Bei Jugendlichen und Erwachsenen ist die körperliche Unruhe meist weniger ausgeprägt, dafür stehen die Unaufmerksamkeit und Impulsivität im Vordergrund.

Störung frühzeitig erkennen und therapieren

"Entscheidend ist, dass die Störung frühzeitig erkannt und therapiert wird", sagt Roick, "dadurch können negative Auswirkungen der ADHS auf die Leistungsfähigkeit, die Lernbereitschaft, das soziale Verhalten und die Persönlichkeitsentwicklung verhindert oder abgemildert werden." Zentraler Baustein der Behandlung ist die Information und Beratung der Eltern, des Kindes sowie des Erziehers oder Klassenlehrers.

Zusätzlich können ein Elterntraining, Interventionen im Kindergarten oder der Schule und verhaltenstherapeutische Ansätze, bei denen positives Verhalten durch Belohnungen verstärkt wird, hilfreich sein. Sollten diese Maßnahmen nach mehreren Wochen beziehungsweise Monaten keinen Erfolg zeigen, ist bei ausgeprägter Symptomatik, die mit starken Einschränkungen verbunden ist, eine zusätzliche medikamentöse Behandlung zu erwägen.

Die Ursachen der ADHS sind noch nicht vollständig geklärt. Neben genetischen spielen vermutlich auch umweltbedingte Faktoren wie Schädigungen des Gehirns, ein ungünstiges Umfeld oder auch Komplikationen in der Schwangerschaft und bei der Geburt eine Rolle. Negativ kann es sich etwa auswirken, wenn die Mutter in der Schwangerschaft raucht und Alkohol trinkt. Wie sich Kinder mit ADHS entwickeln, hängt auch von ihrem sozialen Umfeld ab. Achten die Eltern beispielsweise auf klar strukturierte Abläufe, verhalten sich konsequent und stärken das Selbstbewusstsein ihres Kindes, wirkt sich dies positiv auf seine Entwicklung aus.

Auch die Stärken sehen

Kinder mit ADHS können durch ihre Unruhe und Sprunghaftigkeit für ihre Eltern sehr anstrengend sein. "Versuchen Sie, die Schwierigkeiten Ihres Nachwuchses zu verstehen und seine Stärken und angenehmen Seiten zu sehen", empfiehlt Roick. Wichtig ist es, dass die Eltern die positiven Beziehungen zu ihrem Kind stärken und so oft wie möglich eine angenehme Zeit mit ihm verbringen.

Entscheidend sind außerdem klare Regeln, die Kindern mit ADHS Halt und Orientierung geben. Besser als viele Regeln sind wenige, die sich auch umsetzen lassen und die sowohl der Vater als auch die Mutter konsequent anwenden sollten. Hat das Kind eine Regel befolgt, sollten die Eltern es dafür loben, während ein klarer Verstoß umgehend Konsequenzen haben sollte. Studien zeigen zudem, dass es hilfreich sein kann, die Fernseh- und PC-Zeiten der Kinder einzuschränken und sie stattdessen zu einem Spaziergang oder zu sportlichen Aktivitäten zu animieren.

An wichtige Regeln erinnern

Sind bestimmte Situationen wiederholt schwierig, etwa das Erledigen der Hausaufgaben, der Besuch bei Bekannten oder das Essen in einem Restaurant, ist es sinnvoll, dass die Eltern vorher mit dem Kind in einer ruhigen Minute darüber sprechen und es an die wichtigsten Regeln erinnern. Sie können ihrem Nachwuchs auch eine kleine Belohnung versprechen, wenn es sich an die Vereinbarung hält. "Tun Sie auch regelmäßig etwas für sich selbst, um Kraft zu schöpfen", rät Roick. "So können Sie die täglichen Herausforderungen besser meistern und Ihr Kind bei der Bewältigung seiner Erkrankung unterstützen."


Mehr zum Thema im ADHS-Infoportal.