Rund 600.000 Kinder und Jugendliche in Deutschland leiden nach Schätzungen des Robert Koch-Instituts an dem Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätssyndrom - kurz ADHS. Ärzte behandeln es häufig mit dem Wirkstoff "Methylphenidat", besser bekannt unter dem Handelsnamen Ritalin. Die Verschreibungsmengen steigen seit Jahren deutlich. Allerdings: Die größten Kostentreiber in der Behandlung von ADHS sind nicht die Medikamente.
Eine Studie des Wissenschaftlichen Instituts der Techniker Krankenkasse für Nutzen und Effizienz im Gesundheitswesen (WINEG) in Kooperation mit der Leibniz Universität Hannover und der Universität Bielefeld zeigt: Die größten Ausgabeposten in der Behandlung von ADHS-Kindern sind mit 44 Prozent Verhaltenstherapie und Heilmittel wie zum Beispiel Ergotherapie. "Dafür geben die Kassen pro Jahr und Patient durchschnittlich 1.704 Euro aus", weiß Professor Dr. Roland Linder vom WINEG, der die Studie geleitet hat.
Nach
den Therapien folgen die Ausgaben für ambulante Behandlung (22 Prozent)
und stationäre Versorgung (21 Prozent). "Für die Arzneimittel belaufen
sich die durchschnittlichen Kosten pro Jahr und Kopf auf 483 Euro. Das
entspricht nur zwölf Prozent der Gesamtausgaben", so Linder.
Die
Studie ergab außerdem: Kinder mit ADHS leiden überdurchschnittlich
häufig an Begleiterkrankungen. "Diese erklären auch die höheren Ausgaben
im stationären und ambulanten Bereich", erklärt der Wissenschaftler. So
haben Schüler mit ADHS zum Beispiel 15-mal häufiger als nicht
betroffene Kinder mit Lernstörungen zu kämpfen. Depressive Phasen treten
bei ihnen rund fünfmal häufiger auf. Auch das Verletzungsrisiko ist
höher. "Ein lebhaftes ADHS-Kind ist impulsiv und tobt mehr. So kommt es
zum Beispiel auch schneller zu Unfällen“, weiß Linder.
Insgesamt
belaufen sich die Ausgaben pro ADHS-Patient und Jahr auf 3.888 Euro.
Der Vergleich zu einer alters- und geschlechtsgleichen Kontrollgruppe
zeigt: Die Kassen geben für einen Patienten mit ADHS pro Jahr 2.902 Euro
mehr aus als für ein Kind ohne die Diagnose.