ADHS ist eine häufig auftretende psychische Störung. Nach
Daten aus dem Kinder- und Jugendsurvey des Robert-Koch-Instituts sind etwa vier
Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland davon betroffen. Bei Jungen
wird die starke Zerstreutheit, Unruhe und Impulsivität zwei- bis viermal
häufiger festgestellt als bei Mädchen. "Wenn Sie befürchten, dass Ihr Kind
unter ADHS leidet, sollten Sie einen Kinder- und Jugendarzt oder einen Kinder-
und Jugendpsychiater um Rat fragen", empfiehlt Medizinerin Roick.
Experten können die Störung anhand eines speziellen
Kriterienkatalogs bei Kindern ab dem Alter von etwa sechs Jahren relativ gut
diagnostizieren. Häufig fallen Kinder mit ADHS aber schon im Kleinkindalter
durch Ruhelosigkeit und ständiges Zappeln auf, sodass die Diagnose auch in
diesem Alter schon gestellt werden kann.
Das Grundschulalter ist oft besonders schwierig
Besonders schwierig ist das Grundschulalter. Dann stören
betroffene Kinder oft den Unterricht oder stehen einfach auf. Sie halten sich
vielfach nicht an Regeln, können sich nur kurz auf eine Sache konzentrieren und
lassen sich schnell ablenken. Außerdem handeln sie oft unüberlegt, unterbrechen
andere und reden spontan dazwischen. Dazu haben viele ein geringes
Selbstbewusstsein und werden bei Misserfolgen leicht aggressiv.
Durch ihr Verhalten haben Betroffene meist Schwierigkeiten
in der Schule, außerdem kann es ihre Beziehung zu Eltern, Geschwistern, anderen
Kindern und Lehrern belasten. Nicht selten werden sie von ihren Mitschülern
abgelehnt. "Kinder mit ADHS sind genauso intelligent wie Gleichaltrige.
Viele sind kreativ und künstlerisch begabt. Allerdings können sie durch ihre
Hyperaktivität, fehlende Aufmerksamkeit und Impulsivität ihre tatsächlichen
Fähigkeiten weniger gut nutzen", erläutert AOK-Ärztin Roick. Bei
Jugendlichen und Erwachsenen ist die körperliche Unruhe meist weniger
ausgeprägt, dafür stehen die Unaufmerksamkeit und Impulsivität im Vordergrund.
Störung frühzeitig erkennen und therapieren
"Entscheidend ist, dass die Störung frühzeitig erkannt
und therapiert wird", sagt Roick, "dadurch können negative Auswirkungen
der ADHS auf die Leistungsfähigkeit, die Lernbereitschaft, das soziale
Verhalten und die Persönlichkeitsentwicklung verhindert oder abgemildert
werden." Zentraler Baustein der Behandlung ist die Information und
Beratung der Eltern, des Kindes sowie des Erziehers oder Klassenlehrers.
Zusätzlich können ein Elterntraining, Interventionen im
Kindergarten oder der Schule und verhaltenstherapeutische Ansätze, bei denen
positives Verhalten durch Belohnungen verstärkt wird, hilfreich sein. Sollten
diese Maßnahmen nach mehreren Wochen beziehungsweise Monaten keinen Erfolg
zeigen, ist bei ausgeprägter Symptomatik, die mit starken Einschränkungen
verbunden ist, eine zusätzliche medikamentöse Behandlung zu erwägen.
Die Ursachen der ADHS sind noch nicht vollständig geklärt.
Neben genetischen spielen vermutlich auch umweltbedingte Faktoren wie
Schädigungen des Gehirns, ein ungünstiges Umfeld oder auch Komplikationen in
der Schwangerschaft und bei der Geburt eine Rolle. Negativ kann es sich etwa
auswirken, wenn die Mutter in der Schwangerschaft raucht und Alkohol trinkt.
Wie sich Kinder mit ADHS entwickeln, hängt auch von ihrem sozialen Umfeld ab.
Achten die Eltern beispielsweise auf klar strukturierte Abläufe, verhalten sich
konsequent und stärken das Selbstbewusstsein ihres Kindes, wirkt sich dies
positiv auf seine Entwicklung aus.
Auch die Stärken sehen
Kinder mit ADHS können durch ihre Unruhe und
Sprunghaftigkeit für ihre Eltern sehr anstrengend sein. "Versuchen Sie,
die Schwierigkeiten Ihres Nachwuchses zu verstehen und seine Stärken und
angenehmen Seiten zu sehen", empfiehlt Roick. Wichtig ist es, dass die
Eltern die positiven Beziehungen zu ihrem Kind stärken und so oft wie möglich
eine angenehme Zeit mit ihm verbringen.
Entscheidend sind außerdem klare Regeln, die Kindern mit
ADHS Halt und Orientierung geben. Besser als viele Regeln sind wenige, die sich
auch umsetzen lassen und die sowohl der Vater als auch die Mutter konsequent
anwenden sollten. Hat das Kind eine Regel befolgt, sollten die Eltern es dafür
loben, während ein klarer Verstoß umgehend Konsequenzen haben sollte. Studien
zeigen zudem, dass es hilfreich sein kann, die Fernseh- und PC-Zeiten der
Kinder einzuschränken und sie stattdessen zu einem Spaziergang oder zu
sportlichen Aktivitäten zu animieren.
An wichtige Regeln erinnern
Sind bestimmte Situationen wiederholt schwierig, etwa das
Erledigen der Hausaufgaben, der Besuch bei Bekannten oder das Essen in einem
Restaurant, ist es sinnvoll, dass die Eltern vorher mit dem Kind in einer
ruhigen Minute darüber sprechen und es an die wichtigsten Regeln erinnern. Sie
können ihrem Nachwuchs auch eine kleine Belohnung versprechen, wenn es sich an
die Vereinbarung hält. "Tun Sie auch regelmäßig etwas für sich selbst, um
Kraft zu schöpfen", rät Roick. "So können Sie die täglichen
Herausforderungen besser meistern und Ihr Kind bei der Bewältigung seiner
Erkrankung unterstützen."
Mehr zum Thema im ADHS-Infoportal.