Hypochondrie
Der Begriff stammt aus dem Griechischen und bedeutet soviel wie "an den Eingeweiden oder Gegend unter den Rippen leidend". In der Antike glaubte man, dass dies der Ort sei, an dem die Gemütserkrankungen entspringen.
Die Einbildung, an einer schweren Erkrankung zu leiden, ist unabhängig von Geschlecht oder sozialem Status. "Hypochonder sind meist ängstliche und vorsichtige Menschen", sagt Dr. Astrid Maroß, Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie im AOK-Bundesverband. Bei seelischer Belastung, Stress, hoher Arbeitsbelastung oder Konflikten reagieren sie besonders aufmerksam auf die Signale ihres Körpers. "Schon leichte Veränderungen werden als erste Anzeichen für eine schwere Krankheit gesehen", so Expertin Maroß. Diese Hinweise werden dann überbewertet und fehlinterpretiert. Es folgt die Gewissheit, dass weitere Symptome kommen werden. Oft holen sie weitere Informationen ein, etwa über das Internet, die dann die Gewissheit, krank zu sein, bestätigen sollen.
Symptome sind nicht vorgetäuscht
Menschen mit hypochondrischen Störungen werden selten ernst genommen, von einigen belächelt. Auf andere wirkt die ständige Angst vor Erkrankung nervtötend. Die körperlichen Symptome sind aber nicht vorgetäuscht oder eingebildet, sondern sie sind tatsächlich vorhanden und werden von den Betroffenen als äußerst unangenehm und beeinträchtigend erlebt. Dabei befürchtet der Hypochonder konkrete Erkrankungen, benennt diese auch und ordnet die als krankhaft bewerteten Symptome ein, zwei bestimmten Organsystemen zu. In der Regel ist es also nicht so, dass Hypochonder sich ständig darum sorgen, an etwas neuem erkrankt zu sein.
"Hypochondrie ist eine psychosomatische Störung, die den Betroffenen großes Leiden verursacht", sagt AOK-Ärztin Maroß. "Auch für Ärzte ist es nicht immer einfach zu erkennen, dass diese Menschen nicht körperlich krank, sondern krank vor Angst sind." Dabei kann die Furcht, die einen Hypochonder umtreibt, ernste Folgen haben: Chronifiziert sich das Leiden, können Hypochonder beispielsweise Depressionen entwickeln. Der Betroffene kapselt sich mehr und mehr von seinen Mitmenschen ab. Freunde und Bekannte melden sich irgendwann nicht mehr, denn der Betroffene kennt ja doch nur ein Thema: "seine bedrohliche Krankheit". Auch enge Bezugspersonen wissen irgendwann nicht mehr weiter.
Ständiger Arztwechsel
Mit der Diagnose "Hypochondrie" seien Ärzte, so Maroß, sehr vorsichtig, da die Gefahr bestehe, eine tatsächlich vorhandene Krankheit zu übersehen. Erst wenn der Arzt den Patienten und dessen Krankheits- und Lebensgeschichte besser kennt, kann er eine solche Diagnose stellen. Doch charakteristisch für Hypochonder ist es, dass sie Ärzte ständig wechseln (sogenanntes Ärzte-Hopping), was eine Diagnose erschwert. Zudem werden manchmal Krankheiten befürchtet, die aktuell in den Medien vorkommen.
Innere Ängste werden verlagert
Warum jemand zum Hypochonder wird, lässt sich nur schwer sagen. "Häufig werden die inneren Ängste und Konflikte auf körperliche Beschwerden verlagert, damit der seelische Druck abnimmt. Es kommt zu einem Teufelskreis von körperlichen Symptomwahrnehmungen, die Angst erzeugen. Diese Angst verstärkt wiederum körperliche Symptome. Dadurch fühlt sich der Betroffene in seiner Erwartung, krank zu sein, bestätigt", erläutert Maroß. Auch schwere Erkrankungen oder Todesfälle im engen Umfeld können dazu führen, dass überängstliche Menschen befürchten, ebenso krank zu werden oder zu sterben.
Psychosomatisches Problem
„Erst wenn der Patient durch einfühlsame Begleitung erkennt, dass er an einer psychischen Krankheit leidet, kann auch die Therapie beginnen. Am erfolgreichsten ist die Verhaltenstherapie“, sagt Maroß. Da der Hypochonder aber davon überzeugt ist, dass sein Leiden körperliche Ursachen hat, zweifelt er lange die Diagnose ohne Befund an, verlangt weitere Untersuchungen und lehnt die Behandlung durch einen Psychologen ab.
"Hypochonder sollten behutsam davon überzeugt werden, dass bei ihnen ein psychosomatisches Problem vorliegt", erklärt Maroß, "bei der Therapie wird dann der Schwerpunkt darauf gelegt, dass Betroffene lernen, mit dem Leiden umzugehen und erkennen, dass nicht jedes körperliche Unwohlsein auf eine Krankheit hinweist." Entspannung durch Yoga oder autogenes Training können eine Hilfe sein. Versucht wird zudem, die negative Grundeinstellung vieler Betroffenen zu ändern und sie zu positiven Denkmustern zu bewegen sowie Strategien im Umgang mit Ängsten und Problemen zu erlernen. Im Einzelfall können auch bestimmte Medikamente unterstützend helfen.