Es beginnt in der Regel mit Übelkeit,
Erbrechen und Durchfall. Bei den meisten Betroffenen kommen etwas später
äußerst unangenehme Missempfindungen wie Brennen, Kribbeln und
Schmerzen beim Kontakt mit Kälte hinzu, die wochen- oder sogar
monatelang andauern können. Treten derartige Symptome nach dem Genuss
einer Fischmahlzeit auf, dann liegt mit hoher Wahrscheinlichkeit eine
Ciguatera vor, eine Vergiftung mit Ciguatoxinen.
Vierzehn Fälle solcher
Vergiftungen nach dem Verzehr von Red Snapper-Filets wurden dem
Nationalen Referenzlabor für Marine Biotoxine und der Dokumentations-
und Bewertungsstelle für Vergiftungen im Bundesinstitut für
Risikobewertung (BfR) von amtlichen Überwachungslaboren, vom
Giftinformationszentrum Nord und anderen Gesundheits- und
Veterinärbehörden Ende 20
12 gemeldet. Auslöser sind Stoffwechselprodukte von Algen, die zu den
sogenannten Dinoflagellaten gehören und auf Korallenriffen subtropischer
und tropischer Meeresgebiete der Karibik, des Indischen Ozeans und des
Pazifiks vorkommen. Diese Algen dienen pflanzenfressenden Fischen als
Nahrung. Werden diese kleinen Fische wiederum von Raubfischen gefressen,
können sich die Toxine anreichern und so in die Nahrungskette des
Menschen gelangen.
“Ciguatoxin-Vergiftungen gehören zu den häufigsten
Fischvergiftungen weltweit“ sagt Professor Dr. Dr. Andreas Hensel,
Präsident des BfR, “Sie waren bisher aber auf bestimmte Regionen der
Welt begrenzt. Bedingt durch den weltweiten Handel mit tropischem und
subtropischem Fisch müssen wir auch bei uns mit einem vermehrten
Auftreten solcher Vergiftungen rechnen.“ Reste aus den von Erkrankten
verzehrten Fischgerichten sowie Nachproben der Fischchargen wurden vom
Bundesinstitut für R
isikobewertung an das Europäische Referenzlabor für Marine Biotoxine in
Vigo (Spanien) gesandt. Mit der dort 2012 entwickelten Analysenmethode
wurde bestätigt, dass die Fischproben Ciguatoxine enthielten.
Jährlich treten nach Schätzungen weltweit
zwischen 50 bis 500 Tausend Fälle von Ciguatoxinvergiftungen auf. In
Deutschland waren diese Fischvergiftungen bisher nur sehr selten als
Reiseerkrankungen bei Touristen bekannt, die ihren Urlaub in tropischen
und subtropischen Ländern verbrachten und dort Fischgerichte zu sich
genommen hatten. Der jetzt beobachtete Ausbruch ist der erste, der auf
dem Verzehr von Fisch beruht, der in Deutschland gekauft wurde. Dabei
handelte es sich laut Auslobung um Filets vom Red Snapper, die von einem
Deutschen Importeur über einen indischen Zwischenhändler bezogen
wurden. Die betroffene Lieferung wurde sofort nach Bekanntwerden
zurückgerufen.
Das Europäische Referenzlabor für Marine
Biotoxine (EURL) in Vigo (Spanien) hatte 2012 eine Analysenmethode zum
Nachweis der Ciguatoxine etabliert und konnte in den meisten
Fischproben, die in Deutschland in Zusammenhang mit den
Vergiftungsfällen gezogen worden waren, Ciguatoxine nachweisen. Für
Routineuntersuchungen ist diese Nachweismethode jedoch derzeit noch
nicht verfügbar.
Ob Fische Ciguatoxine enthalten oder nicht, kann
der Verbraucher nicht erkennen. Belastungen mit Ciguatoxinen können
nicht durch Braten oder Kochen reduziert werden. Eine Minimierung des
Risikos ist folglich nur möglich, wenn aus subtropischen bzw. tropischen
Gewässern nur Fisch in Verkehr gebracht wird, dessen Fanggebiete weit
von Korallenriffen entfernt liegen oder wenn ganz auf den Verzehr von
Raubfischen aus diesen Gewässern verzichtet wird. Auch muss die Herkunft
der Fischprodukte lückenlos dokumentiert und rückverfolgbar sein.
Nach einer Vergiftung mit Ciguatoxinen treten innerhalb weniger Stunden erste Symptome wie Übelkeit, Bauchschmerzen, Erbrechen und Durchfall auf, die auch typisch für andere Lebensmittelinfektionen sein können. Diese Symptome werden schon bald begleitet bzw. abgelöst von den charakteristischen neurologischen Empfindungsstörungen an der Haut, wie Taubheitsgefühl an Händen und Füßen, Muskelschmerzen, körperlicher Schwäche und vor allem einer Störung des Warm-Kalt-Empfindens. Die letztgenannten Symptome können zum Teil über Wochen bis Monate anhalten. Eine spezifische Therapie gibt es bislang nicht.
Über das BfR
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) ist eine wissenschaftliche Einrichtung im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV). Es berät die Bundesregierung und die Bundesländer zu Fragen der Lebensmittel-, Chemikalien und Produktsicherheit. Das BfR betreibt eigene Forschung zu Themen, die in engem Zusammenhang mit seinen Bewertungsaufgaben stehen.