Dienstag, 9. April 2013

Die Seele vor dem Ausbrennen schützen

Es ist unbestritten, dass das Problem besteht: Psychische Erkrankungen sind mit zunehmender Häufigkeit Anlass für medizinische Behandlungen und Ursache für Krankschreibungen. Oft ist in diesem Zusammenhang auch von Burnout die Rede. Das Problem, das Fachleute jedoch mit dem Begriff Burnout haben, liegt in seiner Definition: Landauf, landab kursiert er zwar als Bezeichnung für gesundheitliche Probleme im Zusammenhang mit arbeitsbedingten seelischen Belastungen, für eine Krankheitsdefinition ist das Phänomen aber nicht hinreichend präzise abgrenzbar und taucht deshalb auch nicht als eigenständige Diagnose auf einer Krankschreibung auf.

Beim Burnout handelt sich vielmehr um einen unscharfen Leidensbegriff, mit dem über 130 Symptome von Ungeduld und geringem Selbstwertgefühl über Aggressivität und Zynismus bis zu totaler Erschöpfung in Verbindung gebracht werden. "Wer unter solchen seelischen Problemen leidet, sollte darüber mit seinem Arzt sprechen, um deren Ursachen zu identifizieren und bei Vorliegen einer Erkrankung angemessen behandeln zu können", sagt Dr. Christiane Roick, stellvertretende Leiterin des Stabs Medizin im AOK-Bundesverband.

Beruflicher Stress kann krank machen


Beruflicher Stress und Überlastung können krank machen, doch nicht immer steckt hinter dem Belastungserleben schon eine Krankheit. "Oft ist es zunächst ein Alarmsignal, dass man sich in einem Prozess befindet, der in eine manifeste seelische Erkrankung münden kann, und dass man etwas tun muss", sagt AOK-Ärztin Roick. Andererseits kann sich hinter zunehmendem beruflichem Zynismus, Desinteresse und Erschöpfung auch eine manifeste Depression verbergen, die anders behandelt werden muss als eine kurzzeitige Krise durch Überlastung und Stress.

"Ansprüche an Leistung und Leben sind hoch"


Von Besprechung zu Besprechung hetzen, das Jahresziel erreichen, auch am Wochenende noch E-Mails aus dem Büro checken, im Zug und im Flieger arbeiten, Beruf und Familie unter einen Hut bringen, um den Job fürchten und dabei noch gut aussehen - "die Arbeit hat sich verdichtet, die Ansprüche an Leistung und Leben sind bei den meisten hoch", sagt Roick. Der Druck von außen und innen lastet allerdings nicht nur auf besonders leistungs- und karriereorientierten Menschen, sondern häufig auch auf Menschen, die sich in ihrer Arbeit oder im Privaten intensiv um andere kümmern. Dazu gehören beispielsweise Ärzte und Pflegepersonal, aber auch Angehörige, die erkrankte Familienmitglieder langfristig pflegen. Wer solchen dauerhaften Belastungen ausgesetzt ist und keine angemessenen Bewältigungsmechanismen entwickelt hat, kann irgendwann einfach nicht mehr, dann streikt die Seele und der Körper oft gleich mit.

Erschöpfung als Dauerzustand


Wenn die seelische und körperliche Erschöpfung droht, zum Dauerzustand zu werden, sollte man handeln. Entsprechende Alarmzeichen von Seele, Körper und Verhalten dafür können sein
  • seelisch: Niedergeschlagenheit, Hoffnungslosigkeit, Ängste, Nervosität, sinkendes Selbstvertrauen, stärkere Verletzlichkeit, erhöhte Stressanfälligkeit, innere Leere, fehlende Motivation
  • körperlich: chronische Müdigkeit, Schlafstörungen, Anspannung, Kopfschmerzen
  • im Verhalten: Reizbarkeit, Zynismus, Aggressivität, sozialer Rückzug, Vereinsamung, Lustlosigkeit, erhöhter Konsum von Genussmitteln.
Im Gespräch mit dem Arzt sollte geklärt werden, ob sich hinter diesen Anzeichen bereits eine behandlungsbedürftige Erkrankung verbirgt und welche Behandlungsmaßnahmen dann gegebenenfalls helfen können.

Vorbeugung ist entscheidend


Damit es erst gar nicht so weit kommt - oder nicht noch einmal so weit kommt - ist es aus Roicks Sicht entscheidend, vorzubeugen: "Wir können privat und im Arbeitsalltag viel dafür tun, um die zunehmenden seelischen Belastungen, mit denen wir konfrontiert sind, gut zu bewältigen." Sehr hilfreich sind sportliche Aktivitäten und regelmäßige Bewegung, Entspannung und Stressmanagement. Auch gesunde Ernährung unterstützt den Körper dabei, weniger stressanfällig zu sein. Die AOK bietet zu allen diesen Themen Kurse an, hilft und berät Versicherte auch individuell.