Nur wer einen Apfel langsam und bewusst
isst, kann sein ganzes Aromaspektrum genießen. Das haben Wissenschaftler
der Schweizer Forschungsanstalt Agroscope entdeckt. Eine Gruppe von 13
Personen, die zuvor auf ihre Geschmackssensibilität getestet und
intensiv geschult wurden, hat vier verschiedene Apfelsorten (Galiwa,
Natyra, Gala und Scifresh) verkostet. Ziel war, den Einfluss der
Kaudauer auf die Aromaentfaltung zu analysieren. Denn die
Geschmackswahrnehmung ist ein dynamischer Prozess, erklären die
Wissenschaftler. Es wird ein Stück Apfel abgebissen, im Mund mechanisch
zerkleinert, auf Körpertemperatur erwärmt und mit dem Speichel
aufgeschlossen. Das klingt zwar nicht nach Genuss, aber so werden nach
und nach die verschiedenen Aromen der Frucht frei.
Für den Versuch schnitten die Wissenschaftler die Äpfel in je zehn
gleich große Stücke. Der Kauvorgang wurde mit Hilfe eines Metronoms
abgestimmt, um vergleichbare Ergebnisse zu erhalten. Jeder Proband kaute
den Apfel mit einer Frequenz von 63 Bissen pro 60 Sekunden. Er sollte
so lange fortfahren, bis er keine Aromen mehr schmeckte.
Es zeigte sich, dass die sensorische Wahrnehmung eines Apfels in der
Regel erst nach 70 "Kausekunden" abgeschlossen ist. Das Aromaprofil
ändert sich im Laufe der Zeit und ist je nach Apfelsorte
unterschiedlich. So dominieren bei der Sorte Scifresh in den ersten
zwanzig Sekunden die "fruchtig-zitronigen" Noten, erst später wird der
Eindruck "grün-grasig". Bei Galiwa beginnt die Wahrnehmung mit einem
"tropischen" Aroma, gefolgt von "reif-fruchtig". Bei der Sorte Gala ist
der reif-fruchtige Geschmack vorherrschend. Erst nach 50 Sekunden, also
nach dem Schlucken, kommt der Eindruck "würzig" zum Vorschein. Es lohnt
sich also, einen Apfel langsam zu genießen, kommentieren die Schweizer
Wissenschaftler. Bei allen vier Sorten entsteht die würzige Note erst
zum Schluss. Vermutlich stecken diese Komponenten in der Schale, die
erst zum Ende des Kauprozesses zerkleinert wird. Daher braucht es mehr
Zeit, damit sich dieses Aroma entfalten kann.
Heike Kreutz, www.aid.de
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