Mittwoch, 28. November 2012

Krebs: Selen beeinflusst die Heilung


Zu wenig Selen im Körper mindert offenbar die Überlebenschancen von Krebspatienten. Dies haben Forscher der Charité Universitätsmedizin Berlin im Rahmen einer Studie bei Betroffenen mit einem Nierentumor entdeckt. Nun wollen sie untersuchen, ob Krebspatienten von einer zusätzlichen Gabe Selen profitieren würden. Diese Erkenntnisse bieten eine aussichtsreiche Perspektive, um die Patienten besser und noch individueller abgestimmt zu therapieren. Die Deutsche Krebshilfe hat das Forschungsprojekt in Berlin mit 305.000 Euro unterstützt.


Selen ist ein lebenswichtiges Spurenelement und spielt bei verschiedenen Stoffwechselvorgängen eine wichtige Rolle. Leider kommt natürliches Selen in Mitteleuropas Böden kaum vor. Gesundheitsbewusste Menschen decken daher ihren täglichen Selenbedarf über eine gesunde und ausgewogene Ernährung. Selen kommt vor allem in tierischen Nahrungsmitteln vor, da es bei der Zucht aktiv dem Futter zugesetzt wird. Hierzu zählen Fleisch und Fisch, Milch oder Eier. Ist die Ernährung jedoch zu einseitig oder liegt eine andere Erkrankung vor, die den Selenstoffwechsel stört, so kann es zu einem Selenmangel kommen. Zu wenig Selen gilt als Risikofaktor für bestimmte Krankheiten, wie Krebs, Autoimmunerkrankungen oder Infektionen.

Die Wissenschaftler um Professor Dr. Lutz Schomburg von der Charité -Universitätsmedizin Berlin haben den Selenstatus von Nierenkrebspatienten analysiert und einen deutlichen Zusammenhang zwischen Selenmangel und der Schwere der Tumorerkrankung gefunden. „Patienten mit Nierenzellkarzinom wiesen ein deutliches Selendefizit auf“, erläutert Schomburg. „Noch ist unklar, ob der geringe Selenwert im Körper der Tumorpatienten auf die Erkrankung selbst zurückzuführen ist oder ein generelles Krebsrisiko darstellt. Möglicherweise ist es eine Kombination von beiden Faktoren.“

Die Forscher konnten feststellen: Je schwerer der Selenmangel bei der Diagnose ausgeprägt war, desto geringer waren die Überlebenschancen von Patienten mit einem Nierenzellkarzinom im Laufe der nächsten fünf Jahre. „Aufgrund dieser Ergebnisse stellt sich die Frage, ob diesen Patienten die zusätzliche Gabe von Selen hätte helfen können“, erklärt Schomburg. „Hier ist aber generell Vorsicht geboten, denn wir verstehen die Wirkung von Selen-Supplementationen noch nicht ausreichend. Nach wie vor besteht erheblicher Forschungsbedarf.“

Europäer haben im Durchschnitt einen deutlich geringeren Selenstatus als US-Amerikaner. Daher tragen sie auch ein höheres Risiko, durch eine schwere Erkrankung ein massives Selendefizit zu entwickeln. „Dieser Gefahr muss in der Klinik bei Krebspatienten mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden", so Schomburg weiter. „Denn eine angemessene und individualisierte Selengabe könnte sich als überlebenswichtig herausstellen.“ Aber auch hier gelte angesichts der hohen biologischen Wirksamkeit von Selen eine besondere Vorsicht, besonders, um Nebenwirkungen zu vermeiden. Ein solcher Therapieansatz müsste durch ein aufmerksames und engmaschiges Monitoring begleitet werden.

Gerd Nettekoven, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krebshilfe, betont: „Diese Erkenntnisse könnten als Grundlage für neue und innovative Behandlungskonzepte gegen Krebs dienen. Daher wird die Deutsche Krebshilfe auch weiterhin Projekte wie dieses fördern, um die Versorgung krebskranker Menschen weiter zu verbessern.“

Hintergrund-Information: Selenversorgung

Auf Europas Agrarflächen kommt Selen nur in geringen Mengen vor. Europa gilt daher als mangelversorgt. In den USA, Südamerika und vielen asiatischen Ländern ist dies anders. Viele der dort vorkommenden pflanzlichen Agrarprodukte sind selenreich. Die Notwendigkeit der Selenversorgung für den gesunden Erwachsenen ist jedoch umstritten. US-amerikanische Studien haben gezeigt, dass Menschen mit einem relativ niedrigen Selenstatus ihr Krebsrisiko durch zusätzliches Selen verringern können. Ist Selen jedoch bereits ausreichend im Körper vorhanden, kann sich bei zusätzlicher Selengabe ein erhöhtes Diabetesrisiko ergeben. Gut kontrollierte und vergleichbare Studien für Europa fehlen bisher.

Stand:  25/10/12