Freitag, 23. November 2012

Koronare Herzkrankheit

Die koronare Herzkrankheit (KHK) ist die häufigste Herzerkrankung. Sie ist die Krankheit, die dem Herzinfarkt vorausgeht. Die KHK entsteht dadurch, dass sich Herzkranzgefäße in einem langen schleichenden Prozess verengen, so dass die Durchblutung des Herzens behindert wird. Allein in Deutschland sind etwa 2,34 Mio. Frauen und 3,16 Mio. Männer von einer KHK betroffen.* Die Wahrscheinlichkeit, im Laufe des Lebens eine KHK zu entwickeln, beträgt für Männer nahezu 50% und für Frauen 32%.
Jährlich werden bundesweit ca. 665 000 Patienten wegen einer KHK ins Krankenhaus eingeliefert. Über 59 000 Menschen sterben an einem Herzinfarkt. „Trotzdem wissen viele Menschen meist nichts über diese Erkrankung. Betroffene verdrängen oftmals die Beschwerden oder sie nehmen die KHK erst dann ernst, wenn sie zu einem Herzinfarkt und zur Herzschwäche geführt hat“, stellt der Herzspezialist Prof. Dr. med. Thomas Meinertz, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung, fest. „Das muss nicht sein, denn die Erkrankung und ihre Symptome lassen sich frühzeitig erkennen und durch einen gesunden Lebensstil, durch Ausschaltung der Risikofaktoren, durch Medikamente, auch durch Kathetereingriff und Bypassoperation wirksam behandeln.“ Der Aufklärungsbedarf ist groß. Deshalb veranstaltet die Deutsche Herzstiftung vom 1. bis zum 30. November die bundesweiten Herzwochen unter dem Motto „Herz in Gefahr“, um die Öffentlichkeit über die Vorbeugung, Erkennung und Therapie der KHK zu informieren.

Schleichende Gefahr
Gefährlich an der KHK ist: Sie entsteht in einem schleichenden Prozess, der sich lange unbemerkt über Jahrzehnte hinweg entwickelt und bei dem kleine Ablagerungen in den Gefäßen (Plaques) den Blutstrom in den Herzkranzgefäßen beeinträchtigen, bevor sich die ersten Beschwerden der Angina pectoris (Brustenge) zeigen. Typisch für eine KHK sind ein Druck-, Engegefühl oder Schmerzen in der Brust, die mit Atemnot einhergehen können. Atemnot kann auch allein auftreten. Diese Beschwerden werden durch körperliche oder seelische Belastung ausgelöst: Treppensteigen, schnelles Gehen, Getränkekisten tragen, aber auch, wenn man sich aufregt. Der Schmerz kann in die Schulter, in den Kieferbereich oder in den Oberbauch ausstrahlen. Charakteristisch ist, dass er in wenigen Minuten verschwindet, wenn man auf der Treppe stehenbleibt, beim Rennen innehält, also wenn die Belastung aufhört. Viele Betroffene schieben diese Beschwerden auf das Alter oder auf die Bronchien und gehen deshalb nicht zum Arzt. „Solche Beschwerden und ihre Ursachen müssen unbedingt frühzeitig durch den Arzt abgeklärt werden, um ein Fortschreiten der KHK und eine lebensbedrohliche Situation wie den Herzinfarkt zu verhindern“, warnt der Herzspezialist Prof. Meinertz. Ein Herzinfarkt entsteht, wenn eine Plaque aufreißt, sich ein Blutgerinnsel bildet, das das Gefäß verschließt.

Ungesunder Lebensstil: Hauptursache der KHK
Obwohl Alter, erbliche Belastung und Geschlecht eine Rolle spielen, ist die Hauptursache der KHK unser heutiger Lebensstil: falsche Ernährung (zu viele Kalorien, zu viel Fett und zu viel Zucker), Übergewicht, Bewegungsmangel, Rauchen und Stress. Daraus entstehen die Risikofaktoren Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörung (hohes Cholesterin) und Diabetes. Allein Rauchen erhöht das Risiko für einen Herzinfarkt bei Männern um das 3-fache und bei Frauen sogar um das 6-fache. Übergewicht, besonders wenn es bauchbetont ist, führt zu Diabetes, Bluthochdruck und erhöhten Blutfetten. Durch einen gesunden Lebensstil lässt sich die Häufigkeit der KHK um 80-90% senken (Europäische Leitlinie 2012**).

Blutdruck, Blutzucker und Cholesterin sollte man rechtzeitig kontrollieren, um bei krankhaften Werten gegensteuern zu können. Empfohlen wird, ab 40 Jahren Cholesterin und Blutzucker bestimmen zu lassen und den Blutdruck einmal jährlich zu messen, ab 50 Jahren halbjährlich. Patienten mit genetischer Belastung, auch übergewichtige Kinder und Erwachsene, sollten ihre Risikofaktoren früher überwachen, da Diabetes und Bluthochdruck viel früher auftreten können.

Schutzfaktoren
Das Programm der Herzexperten zum Schutz vor KHK, Herzinfarkt und Herzschwäche: Regelmäßige Bewegung, Mittelmeerküche, Aus für das Rauchen, kluger Umgang mit Stress. Körperliche Aktivität bewährt sich auch in der Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Regelmäßige Ausdaueraktivitäten lohnen sich grundsätzlich, weil sie die Leistungsfähigkeit und das Wohlbefinden erhöhen, den Stressabbau, das Loskommen vom Rauchen und das Abnehmen befördern. „Ausdaueraktivitäten wie flottes Gehen, Radfahren, Walken, Joggen, Schwimmen wirken sich günstig auf die Herzgesundheit aus. Zu empfehlen ist ein Training von mindestens 30 Minuten, 4- bis 5-mal in der Woche. Dadurch lässt sich die Lebenserwartung erhöhen“, erläutert Prof. Meinertz. Ebenso wichtig ist die Mittelmeerküche mit viel Gemüse, Salat, Obst, wenig Fleisch, eher Fisch, Oliven- und Rapsöl, mehr Kräutern und Gewürzen. Die Mittelmeerküche senkt das Risiko für einen Herzinfarkt deutlich und eignet sich sehr gut zum Abnehmen, weil sie das Herz schützt und die vielen Ballaststoffe sättigen.

Therapie der KHK
Sich auf einen gesunden Lebensstil einzustellen und die Risikofaktoren auszuschalten, ist die Basis jeder Therapie. „Nur auf dieser Grundlage kann eine Behandlung mit Medikamenten, Stents oder Bypass erfolgreich sein“, betont der Kardiologe Prof. Meinertz. Sind die Werte für Blutdruck, Blutzucker und Cholesterin bereits erhöht, müssen diese Risikofaktoren meist mit Medikamenten behandelt werden. Unbehandelt zerstören sie die Gefäße und damit den gesamten Körper. Zum Beispiel sollte beim Cholesterin das schädliche LDL-Cholesterin möglichst unter 70 mg/dl (1,8 mmol/l), der Blutdruck unter 140/90 mmHg (bei über 80-Jährigen unter 150/90 mmHg) und der Langzeitwert des Blutzuckers HbA1c unter 6,5% liegen. Davon hängt ab, wie sich die Krankheit weiter entwickelt.

Vier große Gruppen von Arzneimitteln stehen zur Verfügung, um bei KHK vor dem Herzinfarkt zu schützen, das Fortschreiten der Krankheit zu bremsen und die Lebenserwartung zu erhöhen: ASS (Acetylsalicylsäure), Statine, Betablocker und ACE-Hemmer. Wenn Medikamente nicht mehr ausreichen, stehen die Kathetertechnik mit Stentbehandlung und die Bypassoperation zur Verfügung.
„Viele Patienten mit KHK, die rechtzeitig und richtig behandelt werden, können – wenn sie sich auf einen gesunden Lebensstil einstellen und die Risikofaktoren konsequent behandeln – ein fast so gutes und langes Leben führen wie gesunde Menschen. Patienten haben es zum großen Teil selbst in der Hand, nicht nur länger zu leben, sondern länger gut zu leben“, bekräftigt Prof. Meinertz.

*Nach Angaben des Instituts für Herzinfarktforschung in Ludwigshafen
**European Heart Journal (2012) 33, 1635-1701;INTERHEART (2004)

Der neue Experten-Ratgeber „Herz in Gefahr – Koronare Herzkrankheit erkennen und behandeln“, herausgegeben von der Deutschen Herzstiftung, informiert über Möglichkeiten der Vorbeugung, Diagnose und Behandlung der koronaren Herzkrankheit nach dem heutigen Stand der Medizin in einer Sprache, die jeder versteht. Patienten erhalten wertvolle Ratschläge für den Umgang mit der Erkrankung. Alle Beiträge sind von namhaften Herzexperten geschrieben. Der Band (136 S.) ist für drei Euro in Briefmarken erhältlich bei: Deutsche Herzstiftung e. V., Vogtstr. 50, 60322 Frankfurt/M.


Die Herzwochen richten sich an Patienten, Ärzte und alle, die sich für das Thema koronare Herzkrankheit interessieren. An der Aufklärungskampagne beteiligen sich viele tausend Aktionspartner, z. B. Kliniken, niedergel. Kardiologen, Krankenkassen, Gesundheitsämter und Betriebe. Sie organisieren über 1 000 Veranstaltungen wie Vorträge, Seminare, Telefonaktionen, und Gesundheitstage. Diese können im Internet unter www.herzstiftung.de/herzwochen-2012.html abgerufen, unter Tel. 069 955128-333 erfragt oder der Tagespresse entnommen werden.


29/2012