Donnerstag, 16. Mai 2013

Die Mischung macht´s - Alt und Jung im Betrieb

Berufstätige sollen heute bis 67 arbeiten - aber ab 40 ist es schon nicht mehr so einfach, einen neuen Job zu finden. Warum es für Unternehmen in Zukunft immer wichtiger wird, für Nachwuchskräfte attraktiv zu sein, aber auch erfahrene Mitarbeiter gesund und leistungsfähig zu halten, erklärt Patricia Lück im Interview. Die Diplom-Psychologin sagt auch, warum eine ausgewogene Mischung aus Alt und Jung ein Erfolgsrezept sein kann.

Wann gelten Beschäftigte eigentlich als "alt"?

Lück: Solange man aktiv und fit ist, nimmt man sich heute immer später als alt wahr. Erst Hochbetagte werden als "alt" bezeichnet. In der Arbeitswelt wird Alter dagegen völlig anders wahrgenommen: Schon ab 40 gilt man für eine neue Stelle oft als zu alt, und Personaler ziehen jüngere Mitbewerber vor. Ab 50 werden die Angebote der Arbeitgeber für die betriebliche Weiterbildung immer dünner, obwohl doch alle lebenslanges Lernen propagieren.
Unsere Gesellschaft wird immer älter. Können es sich Betriebe da überhaupt noch leisten, 

Beschäftigte im besten Alter als "altes Eisen" abzustempeln und nicht mehr zu fördern?

Lück: Nein, es wird zukünftig immer wichtiger sein, dass sich Unternehmen "demografiefest" machen. Es geht darum, dass sie für Jüngere attraktiv sind und so dem demografischen Wandel zum Trotz Nachwuchskräfte gewinnen. Gleichzeitig sollten Betriebe ihre Beschäftigten fördern und ihnen ermöglichen, an ihrem Arbeitsplatz gesund und leistungsfähig das Rentenalter zu erreichen. Dafür sollten Firmen attraktive Arbeitsbedingungen bieten, etwa flexible Arbeitszeiten, interessante Tätigkeiten und Aufstiegschancen. Am günstigsten ist es, wenn Betriebe rechtzeitig für eine gesunde Mischung aller Altersgruppen im Betrieb sorgen. Damit verhindern sie, dass ein großer Teil der Belegschaft - und mit ihm wertvolle Erfahrungen und Kompetenzen - zur gleichen Zeit weg bricht.

Warum ist eine Mischung aus jüngeren und älteren Beschäftigten sinnvoll?

Lück: Von einer guten Zusammenarbeit der Generationen im Betrieb profitieren alle - Beschäftigte und Unternehmen, gerade wenn es um den Erhalt des gesammelten Wissens geht. Betriebe sollten daher rechtzeitig ein Wissensmanagement einführen, in dem ältere Beschäftigte ihr enormes Erfahrungswissen systematisch an die Jüngeren weitergeben. Am besten gelingt das durch kontinuierliche Zusammenarbeit zum Beispiel in altersgemischten Teams, nicht erst kurz vor dem Ausscheiden von Mitarbeitern. Passiert das nicht, geht viel Know-how verloren. Es hat sich auch gezeigt, dass altersgemischte Teams unter bestimmten Voraussetzungen die besten Ergebnisse liefern. Dazu braucht es allerdings gute, vorurteilsfreie Führungskräfte, die das Miteinander der Generationen unterstützen.

Welche Stärken haben ältere Beschäftigte, welche jüngere?

Lück: Jeder hat natürlich persönliche Stärken und Schwächen, das gilt auch im Alter. Jüngere Beschäftigte verfügen meist über mehr Kraft, Schnelligkeit, Konzentrationsfähigkeit, zeigen Risikobereitschaft und kennen sich sehr gut mit neuen Medien wie dem Internet und mit Trends aus. Die Stärken der Generation 50-plus liegen in ihrer meist hohen sozialen Kompetenz, beruflichen Erfahrungen und Expertenwissen. Außerdem identifizieren sie sich häufig stärker mit ihrem Unternehmen als Jüngere, die noch an ihrer Karriere feilen und eher zu einem Jobwechsel bereit sind.

Wie schaffen es Unternehmen, sowohl für jüngere als auch für ältere Beschäftigte attraktiv zu sein?

Lück: Es gibt viele Stellschrauben, an denen Unternehmen drehen können - angefangen bei guten und altersgerechten Arbeitsbedingungen über Lernmöglichkeiten, Gesundheitsförderung und Mitarbeiterbeteiligung bis hin zu systematischer Laufbahnplanung. Da bietet man Mitarbeitern unterschiedliche Karrierechancen, die nicht nur den Aufstieg, sondern auch den Wechsel in besser passende Tätigkeiten berücksichtigen. Eine Unternehmenskultur, in der alle Altersgruppen miteinander arbeiten und voneinander profitieren, trägt ebenfalls zu einem positiven Image bei. Eine solche Kultur wird stark von den Führungskräften beeinflusst. Unternehmen sollten daher darauf achten, dass Führungskräfte die Kompetenzen jedes einzelnen Mitarbeiters auch bezogen auf die unterschiedlichen Lebensphasen fördern. Die interne Weiterbildung sollte ebenfalls altersangepasste Angebote bereithalten. So trägt man den Lernbedürfnissen und -erfahrungen verschiedener Generationen Rechnung.

Was können Beschäftigte selbst tun, um die beruflichen Anforderungen bis ins Rentenalter gut zu bewältigen?

Lück: Wer sich ausgewogen ernährt, sich regelmäßig bewegt, versucht, den Stress im Griff zu behalten und neben dem Beruf Zeit für Familie und Hobbys reserviert, trägt selbst viel dazu bei, gesund und belastbar zu bleiben. Wichtig ist aber auch, dass Beschäftigte jeden Alters bereit sind, sich weiterzubilden und die Möglichkeit dazu bei ihrem Arbeitgeber auch einfordern. Zudem kann jeder versuchen, die Arbeitsbedingungen mitzugestalten und sich mit Kollegen und Chef über Verbesserungsmöglichkeiten auszutauschen.

Wie können Betriebe ihre Mitarbeiter dabei unterstützen, gesund bis zur Rente zu arbeiten?

Lück: Gerade hier ist eine gute Personalarbeit besonders wichtig. So sollten Unternehmen allen Mitarbeitern Weiterbildungen anbieten. Den Führungskräften kommt hier eine besondere Motivationsrolle zu. Außerdem muss eine Laufbahnplanung stärker Wechsel in einen anderen, gleichwertigen Tätigkeitsbereich ermöglichen, um auf die Fähigkeiten in den verschiedenen Lebensphasen Rücksicht zu nehmen. Arbeit und Umfeld sollen nicht nur belastungsfrei sein, sondern auch Entwicklungschancen ermöglichen. Das heißt auch, dass Arbeitsplätze an veränderte Bedürfnisse der Generation 50-plus angepasst werden. Das können zum Beispiel die Gestaltung des Bildschirmarbeitsplatzes mit besserer Beleuchtung und größerer Bildschirmschrift sein oder Alternativen zu schwerer körperlicher Arbeit und zu Schicht- oder Nachtarbeit. Verschiedene Arbeitszeitmodelle eröffnen ebenfalls Möglichkeiten, um Bedürfnissen älter werdender Mitarbeiter gerecht zu werden.


Weitere Informationen zum Thema:
AOK-Service "Gesunde Unternehmen"
Das Demographie Netzwerk
Initiative Neue Qualität der Arbeit

Quelle: AOK-MediendienstStand: 05/10