Samstag, 6. April 2013

Zahngesunde Nahrungsmittel


„Bei Zähnen gilt das gleiche wie an Halloween: Süßes oder Saures – beides schädigt den Zahn“, erläutert Prof. Dr. Stefan Zimmer, Leiter des Departments für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde an der Universität Witten/Herdecke (UW/H). Um herauszufinden, wie sehr ein bestimmtes Nahrungsmittel die Zähne angreift, steht seit April 2012 eine so genannte Telemetriestation an der UW/H. Außer in Witten kann derzeit lediglich in Peking und Zürich, wo die weltweit weiteren akkreditierten Mess-Stationen stehen, derart genau vermessen werden, welche Schädigungen bestimmte Nahrungsmittel verursachen. „Mittels speziell angefertigter Modellgussprothesen stellen wir fest, welche Nahrungsmittel im Mund welche Veränderungen des pH-Wertes in den bakteriellen Zahnbelägen, der Plaque, bewirken“, so Prof. Zimmer. „Die Zahnbeläge verwandeln Süßes in Säuren, die dann zu Karies führen. Zusätzlich greifen die in Getränken wie Orangensaft oder Energiedrinks enthaltenen Säuren direkt den Zahnschmelz an.“

Die computergestützte Mess-Station besteht aus einer Art Zahnprothese mit Klammern und einer hoch sensiblen Glaselektrode, die den Säuregehalt in den Zahnbelägen misst. Über einen angeschlossenen Spezialstecker werden die Messdaten aus dem Mund einer Testperson an den zweiten Teil der Mess-Station, ein Analysegerät und einen Rechner, weitergegeben. Während die Testperson kaut sowie eine halbe Stunde nach dem Genuss wird gemessen, was sich im Mund verändert. „Es versteht sich, dass die Messprothese für jede Testperson individuell angepasst werden muss. Daher sind die Versuche recht aufwendig und die Messungen müssen unter strenger Aufsicht erfolgen“, erklärt Prof. Zimmer. Deshalb vergibt Toothfriendly International (Basel), die gemeinnützige und nicht gewinnorientierte Dachorganisation der Aktion „zahnfreundlich e. V.“, die Zulassungen der Messstationen auch nur sehr sparsam und nach wissenschaftlich exakt festgelegten Kriterien.

Neben der Forschung geht es bei der pH-Telemetrie vor allem um die Vergabe des bekannten Qualitätssignets „Zahnmännchen“. Hersteller, die ihre Produkte mit diesem Logo auszeichnen lassen und damit werben möchten, müssen ihre Lebensmittel und Getränke in einer der akkreditierten Telemetriestationen testen lassen. Prof. Zimmer: „Es gibt viele Firmen, die mit dem Slogan ‚zuckerfrei’ auf Gummibären oder Schokolade werben. Zuckerfrei kann zwar bedeuten, dass ein Produkt auch zahnfreundlich ist, muss es aber nicht. Denn oft enthalten diese Produkte Frucht- oder andere Zuckerarten, die genauso kariesverursachend sind wie der normale Haushaltszucker. Oder die Produkte enthalten Säuren, die den Zahn direkt angreifen und somit Erosionen verursachen. Wirkliche Sicherheit für den Verbraucher bietet nur das Zahnmännchen. Es gewährleistet, dass die Produkte weder Karies noch Erosionen verursachen.“