Dienstag, 19. März 2013

Wie Heuschnupfen-Geplagte ihr Immunsystem überlisten können

Heuschnupfen-Geplagte können ihr Immunsystem überlisten. Foto: AOK



Pollenallergie

Im Winter können Heuschnupfen-Patienten für kurze Zeit ein wenig aufatmen, weil keine oder nur wenige Pollen fliegen. Dann ist die beste Zeit, um mit einer Hyposensibilisierung zu beginnen. Dabei wird der Körper langsam wieder an die Stoffe gewöhnt, die ihn in Aufruhr bringen. "Diese Therapie bringt vielen Betroffenen Erleichterung", sagt Dr. Astrid Maroß, Ärztin im AOK-Bundesverband.

Den Auslösern ihrer Allergie völlig aus dem Weg zu gehen, ist für die etwa 20 Millionen Heuschnupfen-Patienten in Deutschland nicht möglich. Auslöser für 90 Prozent der Allergien ist der Blütenstaub der Haselnuss, Erle oder Birke sowie von Gräsern, Roggen und Beifuß. Sobald die Pollen mit den Schleimhäuten in Berührung kommen, wehrt der Körper die eigentlich harmlosen Stoffe mit einer übertriebenen Reaktion ab. Am meisten leiden Heuschnupfen-Patienten im Frühjahr und Sommer unter Niesen, Schnupfen, tränenden und roten Augen sowie Abgeschlagenheit. Allerdings fliegt der Blütenstaub mittlerweile viel länger im Jahr, da der Klimawandel im Durchschnitt für mildere Temperaturen sorgt.

"Wichtig ist, dass ein Facharzt die Pollenallergie diagnostiziert und behandelt, sobald sie starke Beschwerden macht", sagt AOK-Medizinerin Maroß. Sonst kann der Heuschnupfen auch allergisches Asthma auslösen; das ist bei mindestens jedem vierten Patienten im Laufe der Jahre der Fall. Um das zu verhindern, sollten Patienten mit ausgeprägteren Symptomen während der Pollensaison regelmäßig spezielle Medikamente einnehmen, etwa Antihistaminika. Diese können den Symptomen vorbeugen oder sie zumindest lindern. Außerdem lässt sich durch eine konsequente Einnahme verhindern, dass der Heuschnupfen schlimmer wird. "Die einzige Chance, um dauerhaft lästige Beschwerden loszuwerden, bietet eine Hyposensibilisierung", erklärt Maroß. Bei dieser Therapie, die in der Regel drei Jahre dauert, wird der Körper langsam an die krank machenden Pollenallergene gewöhnt, um ihn gegen die Allergieauslöser unempfindlich zu machen. Das Immunsystem wird also quasi "überlistet".

Wenn die Behandlung anschlägt, werden die Symptome mit der Zeit immer schwächer. Bei einem Teil der Patienten lässt sich auf diese Weise auch die Entstehung von allergischem Asthma verhindern. "80 bis 85 Prozent der Patienten haben nach der Therapie keine Beschwerden mehr", macht Maroß Heuschnupfen-Geplagten Hoffnung. Voraussetzung ist allerdings, dass sie bei der Behandlung konsequent mitmachen. "Eine Hyposensibilisierung sollte ein Allergologe begleiten", sagt Maroß.

Individuelle Therapie mit verschiedenen Methoden

Der Mediziner entscheidet, für wen eine solche Behandlung geeignet ist und passt sie auf jeden Patienten individuell an. Maroß erläutert die Hauptformen der Methode:
  • Bei der klassischen Form erhalten die Patienten in der Anfangszeit wöchentlich, später monatlich Injektionen in die Haut mit einer immer höheren Konzentration der Allergieauslöser. Während der Pollensaison kann die Therapie entweder fortgesetzt, die Allergenkonzentration reduziert oder die Behandlung ausgesetzt werden. Studien haben gezeigt, dass viele Patienten von der Behandlung profitieren, indem sie weniger Beschwerden haben und dadurch auch weniger Medikamente einnehmen müssen. Auch für Kinder ist diese Therapie geeignet.
  • Die Kurzzeit-Hyposensibilisierung ist eine Variante der klassischen Form. Sie unterscheidet sich von ihr nur dadurch, dass in der Anfangsphase die Allergenkonzentration in den Spritzen schneller gesteigert wird. Insgesamt dauert die Behandlung jedoch genauso lange.
  • Für Patienten, die gegen Gräserpollen allergisch sind, hat sich einer Leitlinie medizinischer Fachgesellschaften zufolge die sogenannte sublinguale Hyposensibilisierung als wirksam erwiesen. Dabei nehmen die Patienten die Allergieauslöser in Form von Tropfen oder Tabletten ein. Sie behalten das Allergenpräparat einige Minuten im Mund unter der Zunge (sublingual) und schlucken es dann.
Diese Form der Therapie ist Patienten vorbehalten, für die eine klassische Form der Hyposensibilisierung nicht möglich ist. Der Stellenwert dieser Behandlungsmethode wird in der Fachwelt weiterhin diskutiert. Während der Behandlung treten häufig eher harmlose Symptome auf, etwa Hautrötungen, Schleimhautschwellungen und Juckreiz. Schwere Nebenwirkungen wie ein allergischer Schock sind selten, der behandelnde Arzt muss aber in Notfalltherapie geschult sein. Bei der Hyposensibilisierung mit Spritzen sollten die Patienten zur Vorsicht noch eine halbe Stunde nach der Injektion in der Praxis bleiben.

Tipps für Allergiker

AOK-Medizinerin Maroß gibt Patienten außerdem folgende Tipps:
  • Informieren Sie Ihren Arzt vor einer neuen Injektion über allergische Reaktionen oder eine veränderte Medikamenteneinnahme. Sie sollten auch Bescheid sagen, wenn sie zwischenzeitlich erkrankt sind oder eine Schutzimpfung erhalten haben.
  • Am Tag der Behandlung sollten Patienten keinen Sport treiben und auch andere körperliche Anstrengungen meiden. Ärzteverbände raten außerdem von Saunabesuchen und Alkoholgenuss ab.
  • Antiallergische Medikamente können Patienten während der Immuntherapie einnehmen.
  • Patienten, die Tabletten oder Tropfen eingenommen haben, sollten in den ersten fünf Minuten danach nichts trinken oder ihre Zähne putzen.