Der tägliche Pillen-Cocktail wird Jahr für Jahr größer.
Foto: LAK Brandenburg |
Die Schilddrüsentablette eine Stunde vor dem Frühstück, dann während des Essens zwei Blutdrucktabletten, eine gegen Diabetes und eine zur Blutverdünnung. Zum Mittagessen wird wieder eine Tablette gegen Diabetes genommen. Zum Abendessen müssen erneut die Blutdrucktabletten eingenommen werden, eine Tablette gegen Diabetes und der Cholesterinsenker. Zur Nacht folgt ein pflanzliches Schlafmittel. Für viele Ältere und Menschen mit mehreren Krankheiten strukturieren Arzneimittel den Tagesablauf.
Sie brauchen täglich fünf oder mehr Medikamente. Fachleute nennen das Polymedikation. Doch diese Form der Arzneimitteleinnahme birgt auch große Risiken. Die Apotheker im Land Brandenburg rücken diese Problematik jetzt ins Bewusstsein der Öffentlichkeit. Unter dem Motto „’Ex und hopp’ ist nicht lustig“ wollen sie die Patienten gezielt informieren.
„Die Betroffenen sind sich oft nicht bewusst, welche Folgen die Polymedikation haben kann“, sagt Astrid Markow, Beauftragte für Öffentlichkeitsarbeit der Landesapothekerkammer Brandenburg. „Denn die Arzneimittel können sich in ihrer Wirkung verstärken, sich untereinander nicht vertragen oder durch Konsultation verschiedener Ärzte doppelt verordnet sein.“ Hinzu kommt, dass der Körper eines älteren Menschen die Wirkstoffe anders – meistens langsamer verarbeitet – als der eines jungen Menschen. Das macht Neben- und Wechselwirkungen unberechenbar. Die Auswirkungen reichen von Magenbeschwerden über Kreislaufprobleme bis hin zu Herzrhythmusstörungen.
Die Gefahr von Wechselwirkungen steigt
Nicht selten werden die unterschiedlichen Arzneimittel auch noch von verschiedenen Fachärzten verschrieben, so dass die Gefahr von Wechselwirkungen steigt. „Es gibt zahlreiche Arzneien, die sich gegenseitig in ihrer Wirkung beeinflussen“, warnt die Apothekerin. „Zum Beispiel können Kalziumtabletten die Wirkung von Herzmitteln verstärken.“
Die Apotheker im Land Brandenburg ermuntern deshalb die Patienten, sich beraten zu lassen. „Der größte Teil der arzneimittelbezogenen Probleme kann durch ein Beratungsgespräch in der Apotheke geklärt werden“, so Markow. Die Lösung: „Wir empfehlen Patienten, die von der sogenannten Polymedikation betroffen sind, sich eine Stammapotheke ihres Vertrauens zu suchen. Auf der Kundenkarte können sowohl die vom Arzt verschriebenen Arzneimittel als auch die rezeptfrei in der Apotheke gekauften Produkte dokumentiert werden.“ Sollte es dabei zu Wechselwirkungen oder Doppelverordnungen kommen, wird dies von den Apothekern angesprochen und gemeinsam mit dem Patienten und gegebenenfalls mit dem verordnenden Arzt geklärt.
Daten, Zahlen, Fakten zur Polymedikation:
- Rund ein Viertel der über 65-Jährigen nimmt regelmäßig fünf oder mehr ärztlich verordnete Arzneimittel ein.
- Fast ein Drittel der Patienten mit Polymedikation kauft zudem noch rezeptfreie Arzneimittel dazu.
- Nur jeder Vierte ist sich bewusst, dass ältere Menschen anfälliger für unerwünschte Arzneimittelwirkungen sind.
- Fast jeder zweite Patient mit Polymedikation weiß nicht, dass es bei der Einnahme mehrerer Medikamente verstärkt zu Nebenwirkungen kommen kann.
Quelle: Aktuelle Untersuchung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WidO).
Stand: 10/07/12