Die gesundheitspolitischen Empfehlungen zur gesunden Ernährung führen
nicht in allen Fällen zur Erhaltung der Gesundheit. Besonders der Rat
einer erhöhten Ballaststoffzufuhr oder die Empfehlung, mit Zucker zu
sparen, könnten mitverantwortlich sein für die Zunahme
gastrointestinaler Störungen. Gleichzeitig können auch verfrüht
angewandte Diagnosemethoden auf die falsche Fährte führen.
In der Pressemitteilung "Ernährung: Obst und Gemüse als Krankmacher?"
behauptet der Ernährungswissenschaftler Uwe Knop, dass
ernährungspolitische Maßnahmen wie „IN FORM“ oder die
„5-am-Tag“-Kampagne der Volksgesundheit eher schaden als nutzen (1). So
bemängelt Knop unter anderem, dass der staatliche Aufruf zu einem
höheren Obst- und Gemüseverzehr für kollektive Verdauungsprobleme sorgen
könne. Er stützt sich dabei auf die Gesundheitsberichterstattung des
Bundes aus den Jahren 2000 bis 2011, in der eine eklatante Zunahme
diffuser Magen-Darm-Probleme ausgewiesen ist.
In der Tat ist Ähnliches auch aus der niedergelassenen
Ernährungsberatung zu vermelden. Vermehrt werden Patienten mit
chronischen Verdauungsproblemen, am häufigsten mit breiigen Stühlen und
Blähungen, von ihren Hausärzten der Beratung zugewiesen. Oft wird eine
Laktoseintoleranz oder Fruktosemalabsorption vermutet. Nicht selten wird
bei der Diagnostik jedoch mit ungewöhnlich großen Mengen des
verdächtigten Auslösers geprüft. Die betroffenen Patienten rechtfertigen
sich oft damit, dass sie sich doch gesund ernähren würden. Immer
häufiger fällt dabei der scheinbar verschämte Nachsatz, dass die
Symptome immer dann abklingen, wenn das Konsumierte gemeinhin als
ungesund gilt.
Viele dieser Verdauungsprobleme sind der beschleunigten
Magen-Darm-Passage durch ein Übermaß an schwer- oder unverdaulichen
Nahrungsbestandteilen geschuldet. Neben dem als gesund angepriesenem
Obst- und Gemüseverzehr kommt insbesondere auch die Vorliebe für
Fruchtzucker-gesüßte Getränke als Ursache für gastrointestinale
Beschwerden in Betracht. Nicht selten decken Patienten ihren
Flüssigkeitsbedarf durch Getränke, die nicht mit für die Hersteller
teurem Zucker, sondern mit günstigeren Austauschzuckern gesüßt sind.
Zudem fällt auf, dass viele Patienten die Angst vor falschem Essen
umtreibt. Die Furcht vor Fehlverhalten am Esstisch sowie der zunehmende
Stress in Freizeit und Beruf sind ein nicht zu unterschätzender Faktor
bei der Entwicklung von Verdauungsstörungen und anderen gesundheitlichen
Problemen.
Bevor bei Verdauungsstörungen teure Diagnosetests auf Intoleranzen
zum Einsatz kommen, wäre es sinnvoller, die Betroffenen für einige Zeit
vom Weg der „gesunden Ernährung“ abkommen und sie das essen zu lassen,
was ihnen bekommt. Bleiben die Probleme trotzdem bestehen, ist eine
medizinische Abklärung notwendig.
(1) Knop, U: Ernährung: Obst und Gemüse als Krankmacher?
Pressemitteilung vom 23.05.2013:
http://www.echte-esser.de/Presse/Aktueller-Pressetext.html. Zuletzt
abgerufen am 04.06.2013.
Redaktion: Dipl.troph. Marianne Reiß